Grenzwerte sind politische Werte - Das Leben in elektromagnetischen Feldern

Joujou / Pixelio.deSeit 1997 gelten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in unserem Land Vorschriften zum Schutz der Menschen vor gesundheitlichen Schäden durch elektromagnetische Felder. Die Entwicklung der Übertragungs- und Mobilfunktechnik hat seither einen rasanten Verlauf genommen, und die davon ausgehende Strahlung ist entsprechend mit gewachsen.

Unterdessen durchdringen elektromagnetische Felder unseren gesamten Alltag. Handys oder Smartphones werden zu ständigen Begleitern, und überall sehen wir verlockende Neuheiten bei Drahtlosgeräten. Vielleicht doch eine Funkklingel an der Hoftür? Ist doch praktisch oder nur bequem. Wir alle, selbst Wissenschaftler und Ärzte, die es besser wissen, erliegen den subtilen Werbestrategien. Die Dauerbestrahlung von Kindern beginnt schon mit dem Babyphone, das jetzt auch mit Kamera zu haben ist. Welche junge Mutter gerät bei dem Werbeslogan – ihr Kind immer im Blick – nicht in Versuchung. Eigenverantwortung ist gefragt. Doch für die Grenzwerte steht der Staat in der Pflicht, für Produkte oder Einwirkungen durch Stromnetze und Funksendemasten, die wir nicht selber beeinflussen können.

Vor wenigen Tagen hat die Regierungsmehrheit im Bundestag einige Änderungen beschlossen, die Schutz und Vorsorge gewährleisten sollen. Die Vorschriften gelten nicht mehr nur für gewerbliche Funkanlagen, sondern auch für den Betrieb privater und behördlicher Anlagen und ebenso für die Hochspannungs- und Gleichstrom-Übertragung.

Das sind durchaus Verbesserungen. Und doch bleibt die Verordnung weit hinter den Erwartungen und vor allem hinter den technischen Möglichkeiten zurück. Auch wenn es Meinungsverschiedenheiten unter Fachleuten gibt: Es ist unterdessen unumstritten, dass die dauerhafte Einwirkung elektromagnetischer Felder auf den menschlichen Organismus Krankheiten, wie Hirntumore und Alzheimer, auslösen können. Das wurde in einer öffentliche Anhörung dazu vor einer Woche im Bundestag mit deutlicher Mehrheit bestätigt. Selbst der Vertreter aus dem Bundesamt für Strahlenschutz ist bei der Frage nach den gesundheitlichen Risiken der Auffassung, dass wissenschaftlichen Ergebnisse, auch wenn sie die gesundheitliche Risiken nicht einhundert prozentig belegen, allemal ausreichen, um „eine Besorgnis zu begründen“. Für Kinder besteht ab 0,3 Mikrotesla dauerhaft nachweislich ein erhöhtes Leukämierisiko.

Die viel zu hohen Grenzwerte, denen Menschen dauerhaft ausgesetzt sein dürfen, sind und bleibe das Hauptproblem. Die Berufsvereinigungen des Ingeneurwesens, also Wirtschaftslobbyisten, haben mit ihrer Risikobewertung bei der Festlegung von Grenzwerten immer noch mehr Einfluss auf die Behörden als die Gesundheitslobby.

Grenzwerte sind politische Werte. Jeder Grenzwert ist ein Stoppzeichen: Bis hierher und nicht weiter, sonst kann es zu gesundheitlichen Schäden kommen. Auch diesmal folgt die Politik nicht den gesundheitswissenschaftlichen Empfehlungen, sondern Wirtschaftslobbyisten und stellt somit die Profitinteressen einzelner Großkonzerne über das Vorsorgeauftrag für die Bevölkerung.

Im Klartext: Die Abgeordneten der schwarz-gelben Koalition haben diese Woche darüber entschieden, wie hoch das Gesundheitsrisiko sein darf, dem die Menschen in diesem Land in den nächsten Jahren unfreiwillig durch elektromagnetische Felder ausgesetzt sein werden. Und es ist zu hoch! Ich kann nun nichts über das Gewissen der Abgeordneten der Koalitionsfraktion sagen, aber ich kann nach der öffentlichen Expertenanhörung sagen: Es wurde nicht nach bestem Wissen abgestimmt.

DIE LINKE fordert in ihrem Entschließungsantrag einen Vorsorge-Grenzwerte von 0,2 Mikrotesla für Orte, an denen sich Menschen lange aufhalten. Technisch machbar sind unsere Grenzwerte und sollten zumindest für Wohnungen als geschützte Orte verbindlich sein. Denn es darf nicht vergessen werden: Es geht um Grenzwerte für elektromagnetische Felder, denen die Bürgerinnen und Bürger ausgesetzt sind, ohne sie beeinflussen zu können.

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