Bundesregierung wiegelt Umweltauswirkungen ab - Diskussion über Fracking im Bundestag

Sitzung_UADie Kontroverse um das Thema Fracking ist bei der Bundesregierung angekommen. Während die Menschen vor Ort schon seit Monaten gegen Fracking demonstrieren, hat sich die Bundesregierung erst heute erstmalig ausführlich zu der Förderung von unkonventionellem Erdgas und der umstrittenen Fracking-Methode geäußert. Vor dem Umweltausschuss stellte die Parlamentarische Staatssekretärin aus dem Bundesumweltministerium (BMU), Katherina Reiche, einen Kurzbericht zu den Umweltauswirkungen bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas vor und stellte sich im Anschluss den Fragen der Abgeordneten. Dabei wurde deutlich, dass das Bundesumweltministerium keine Beeinträchtigung des Grundwassers erwartet und auch den rechtlichen Rahmen zum Schutz des Trinkwassers für ausreichend einschätzt. Dazu verwies Frau Reiche vor allem auf das Wasserhaushaltsgesetz und betonte die Zuständigkeit der Länder in diesem Bereich. Für die Bundesregierung sehe sie in dieser Hinsicht keinerlei Handlungsbedarf. Zweifel an der Notwendigkeit des Frackings gab es keine. Hinweise auf die gravierenden Auswirkungen in den USA wiegelte Reiche mit den Worten ab: „Die dortigen Bohrungen sind nicht so tief wie hier.“

Die Proteste gegen die geplanten Bohrungen im Münsterland und im westlichen Niedersachsen sind dennoch nicht spurlos am Umweltministerium vorübergegangen. Die Transparenz bei der geplanten Erdgasförderung sei laut Bundesregierung durchaus verbesserungswürdig, um die Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort zu erhöhen. Dazu müssten die Betroffenen vor Ort besser informiert werden. Vertreter aus dem BMU seien deshalb mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) „im Gespräch“ darüber, ob das Bundesberggesetz in diese Richtung erweitert werden müsse. Im Detail geht es dabei vor allem darum, ob bei der Erdgasförderung eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingeführt wird. Eine solche UVP beinhaltet, dass mögliche Auswirkungen auf die Umwelt, d.h. die Natur, die Menschen und die Wirtschaft, ermittelt und bewertet werden und die daraus gewonnenen Erkenntnisse in die Entscheidungsfindung einfließen. Nach bisherigem Recht besteht eine solche UVP-Pflicht erst ab einer täglichen Fördermenge von 500.000 m3 – eine Menge, die selbst bei der Förderung von konventionellem Erdgas in Deutschland nicht annähernd erreicht wird. Konkrete Ergebnisse zu einer veränderten Umweltverträglichkeitsverordnung für den Bergbau gäbe es laut Frau Reiche aber noch nicht, auch ein Zeitpunkt, zu dem Ergebnisse zu erwarten seien, sei noch nicht aufgestellt worden.

Wie lässt sich nun die Position der Bundesregierung bewerten? Zunächst ist es positiv, dass Vertreter und Vertreterinnen aus dem Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium zumindest Gespräche über eine Veränderung des Bergrechts führen. Allerdings ist dies kaum ausreichend. Schließlich scheint die Bundesregierung ganz nach dem Motto vorzugehen: Wenn die Leute ausreichend informiert sind, werden sie schon aufhören zu protestieren. Doch den betroffenen Menschen geht es um mehr als Informationen. An den Gefahren des Frackings ändert sich auch dann nichts, wenn die Betroffenen über geplante Bohrungen informiert werden. Eine Überprüfung der Umweltauswirkungen – wie es durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt – ist erst dann wirklich sinnvoll, wenn daraus auch Konsequenzen gezogen werden müssen. Dies sieht allerdings auch eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht vor. Im Klartext: Ein Projekt muss nicht automatisch verhindert werden, wenn eine UVP negativ ausfällt. Daher ist eine umfassende Novellierung des Bergrechts erforderlich, die die Belange der Umwelt und der betroffenen Menschen vor Ort zum Ausgangspunkt nimmt. Doch diese Notwendigkeit hat die Bundesregierung nicht erkannt. Die Proteste der Betroffenen und ihre Forderungen nach einer Verschärfung des Bergrechts nimmt sie damit nicht Ernst. Die lokalen Bürgerinitiativen scheinen für sie vor allem eines zu sein: Störenfriede bei der Erkundung der deutschen Gasschätze, mit denen viel Geld verdient werden kann.

Angesichts der Quellen, auf die sich Bundesregierung beruft, ist die unkritische Haltung des Umweltministeriums nicht erstaunlich. In ihrem schriftlichen Vorabbericht für die Mitglieder des Umweltausschusses werden zwei weiterführende Literaturhinweise genannt. Dabei handelt es sich um Studien und Berichte von Lobbyverbänden der Gasindustrie, so ein Bericht der IGGG (Interessengemeinschaft Gegen Gasbohren).

Weitere Informationen zum Thema bietet ein Bericht des WDR und ein Artikel der Münsterischen Zeitung.

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