Wir haben die herrschende Agrarpolitik satt
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- 6 Januar 2016
„Wir haben es satt!“ Das rufen zehntausende mit der aktuellen Agrarpolitik Unzufriedene seit mehreren Jahren der Bundesregierung und Teilen der Agrarbranche zu. Und es werden immer mehr. Am 16. Januar 2016 wird wieder ein bunter Protestzug durch das Berliner Regierungsviertel ziehen. Laut, kreativ und friedlich. Sie fordern mehr Tierwohl, mehr Umweltschutz und mehr Regionalität. Noch aber setzt die Bundesregierung im Schulterschluss mit Bauernverbandsfunktionären weiter auf Agrarexporte, Preisdumping und Wachstum – koste es, was es wolle.
Sie machen damit die Landwirtschaft zum Opfer ihres Systemfehlers. Bäuerinnen und Bauern sollen immer mehr und immer billiger produzieren. Statt sich auf die Nachfrage im Binnenmarkt sollen sie sich auf eine wachsende Mittelschicht in China und Russland oder neue Märkte in Asien und Afrika orientieren. Das wird ihnen seit Jahren gepredigt. Im Ergebnis werden Agrarbetriebe zu Zulieferern von Billig-Rohstoffen für Großmolkereien, Riesenschlachthöfen und mächtigen Handelskonzernen degradiert. Existenzsichernde Einkommen, Nachhaltigkeit und Tierschutz bleiben dabei auf der Strecke. Mensch und Umwelt leiden unter diesem Wachstums-Dogma. Die herrschende Agrarpolitik und der Bauernverband haben eine ganze Branche in die Sackgasse gelockt.
Trotzig hallt das „Wir machen Euch satt!“ der Gegendemo. Kritik wird als „Märchen, Mythen und Meinungsmache“ oder als eine „kindliche Art der Auseinandersetzung“ verunglimpft (DLG-Mitteilungen 1/16). Die Leute seien nur gegen etwas und nicht für etwas. Aber wer genau hinschaut, sieht durchaus alternative Vorschläge.
Die Kritik geht unterdessen auch weit über Umwelt- und Tierschutzverbände oder die Opposition im Bundestag hinaus. Selbst der von der Bundesregierung berufene Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik hat im März 2015 ein Gutachten vorgelegt, in dem die aktuelle Tierhaltung als nicht zukunftsfähig bewertet wird. Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland wegen zu viel Nitrat um Grundwasser und zu wenig Gewässerschutz oder der massive Einbruch der Erzeugerpreise mit dem Ende Milchquote zeigen ebenfalls, wie wichtig Änderungen wären. Gleichzeitig setzt SPD-Wirtschaftsminister Gabriel gegen den massiven Protest mit TTIP die Interessen der europäischen Bevölkerung aufs Spiel.
Für mich ist klar: So kann und darf es nicht weitergehen. Aus Sicht der Linksfraktion wird ein agrarpolitischer PLAN B gebraucht. Also eine Landwirtschaft, die den regionalen Versorgungsgedanken wieder in den Mittelpunkt rückt. Das heißt weniger Weltmarkt und stattdessen mehr Wochenmarkt. Wir brauchen nachhaltig produzierte Lebensmittel und eine angepasste Nutzung der erneuerbaren Energien. Zum Wohle der Bäuerinnen, der Landwirte, der Imkerinnen und Gartenbauer, aber auch der regionalen Bevölkerung. Ob bio oder konventionell, klein oder groß: Gemeinsam können wir den PLAN B für die Landwirtschaft entwickeln und umsetzen.