Amazon-Forum bringt Protest und Kritik am Online-Giganten zusammen
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- 18 April 2018
- von Ludwig Lindner und Karin Masche
Bad Hersfeld - in der Mitte Deutschlands gelegen - ist einer der größten und wichtigsten Amazon-Standorte des Landes. Bereits seit fünf Jahren wird dort für die Einführung eines fairen Tarifvertrags gestreikt.
In der örtlichen Stadthalle trafen sich am vergangenen Freitag (13. April), organisiert von der Linksfraktion im Bundestag, unterschiedliche zivilgesellschaftliche Gruppen, um unter dem Motto „Wir stellen uns quer! Mensch und Umwelt vor Profit!“ gemeinsam zu diskutieren. Rund 90 Leute mit unterschiedlichen Hintergründen kamen zusammen: Amazon-Kolleg*innen und ver.di-Vertrauensleute aus Bad Hersfeld und anderen Standorten in Deutschland, geladene Gäste, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln an Amazon Kritik üben, Abgeordnete und Mitglieder der Linken sowie interessierte Besucher*innen aus der Region.
Eine Vielzahl diverser Debattenbeiträge – moderiert von Sabine Leidig, MdB – bereicherte die in kollegialer Atmosphäre geführte Diskussion:
- Christian Krähling (Amazon-Kollege von vor Ort) berichtete ausführlich über das aktuelle Streikgeschehen am Standort Bad Hersfeld.
- Achim Kessler (MdB, Sprecher für Gesundheitsökonomie) sprach über die krankmachenden Arbeitsbedingungen in den Fullfillment-Centern (FCs). Dieses Video (Labournet) berichtet sehr eindrucksvoll darüber.
- Alfred Eibl (attac) beschrieb die systematische Steuervermeidungsstrategie von Amazon.
- Jutta Sundermann (Aktion Agrar) kritisierte die Zerstörung regionaler Lebensmittelmärkte durch neue Services wie „amazon fresh“.
- Lars Wehring (Autor*innenkollektiv Capulcu) erläuterte, wie Amazon mit Kund*innendaten Persönlichkeitsprofile erstellt und dies für sein Geschäftsmodell ausnutzt. Die wesentlichen Aussagen seines Vortrages sind hier zu finden
- Violetta Bock (Kassel) und Georg Barthel (Leipzig) berichteten über die wertvolle Arbeit von Soli-Gruppen vor Ort.
- Andrea Euler (Buchhändlerin aus Wächtersbach) kritisierte vor allem die Verarmung der literarischen Vielfalt durch die Dominanz der Amazon-Algorithmen.
- Lena Widmann (ver.di-Bundessekretärin) erläuterte zukünftige Strategien im Arbeitskampf.
Bereits zuvor hatte Jörg Cezanne, MdB in die Debatte eingeführt und Jan Schalauske (MdL Hessen) den Arbeitskampf der Amazonies aus hessischer Perspektive in den Blick genommen.
In einer abschließenden Podiumsdiskussion kam auch das Publikum zu Wort. Bernd Riexinger, Parteivorsitzender DIE.LINKE, richtete ein Grußwort an die Teilnehmenden des Abends. Außerdem diskutierten Hamid Mohseni (Bündnis „make amazon pay!“), Andreja Schmidtkunz, (amazon-Beschäftigte und DGB Kreisvorsitzende) und Johannes Schulten (Journalistenbüro „work in progress“). Es wurde besonders deutlich, dass Arbeitskampf und gesellschaftliche Kritik am Konzern nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, sondern zusammengeführt werden müssen. Nur gemeinsam kann einem Unternehmen dieser Größenordnung die Stirn geboten werden.
Am Dienstag, den 24. April wurde Amazon-Chef Jeff Bezos - dem reichsten Menschen der Welt - in Berlin-Kreuzberg der Axel-Springer-Award verliehen. Dagegen rief eine breites Bündnis zum Protest auf. Dokumentation hier: https://makeamazonpay.org/2018/04/17/2-pm-feedback-fuer-jeff-eine-woche-bis-zu-den-protesten-gegen-die-preisverleihung-des-axel-springer-verlags-an-jeff-bezos/