Kampf für den Schienenpersonenfernverkehr

Die Linksfraktion bringt drei Anträge in den Bundestag ein: Für ein Fernverkehrsgesetz, für den Erhalt und Ausbau des Nachtzugverkehrs und für eine Reduktion des Mehrwertsteuersatzes für den Bahn-Fernverkehr.

Die Bahn ist unbestritten das mit Abstand umwelt- und klimafreundlichste Verkehrsmittel für Fernreisen. Vollmundig wird deswegen auch immer wieder in Sonntagsreden aller Parteien die Wichtigkeit dieses Verkehrsmittels betont und gefordert, dass mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werden solle. Diesen frommen Wünschen zum Trotz ist die Bahn jedoch in Deutschland beständig auf dem Rückzug: Seit der Bahnreform mit der formellen Privatisierung und besonders seit der Orientierung auf einen Börsengang der DB AG hat sich die Anbindung an den Bahnverkehr für viele Städte erheblich verschlechtert.

Rund 100 Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern haben inzwischen überhaupt keine Bahn-Fernverkehrsanbindung mehr, 25 dieser Städte haben sogar mehr als 50.000 Einwohner. So hält in Chemnitz mit immerhin 240.000 Einwohnern oder in Bremerhaven mit 112.000 Einwohnern kein einziger Fernzug mehr. Viele andere Städte haben ihre Anbindung an den Bahn-Fernverkehr zwar nicht komplett verloren, aber die Zahl der Züge wurde erheblich reduziert.

All dies ist Teil einer umfassenden Rückzugsstrategie der Deutschen Bahn AG, die sich immer mehr nur auf die großen Hauptachsen im Fernverkehr konzentriert und seit 2001 mehr als ein Fünftel ihrer Fernverkehrsleistung eingestellt hat. Für viele Menschen abseits der großen Fernverkehrsachsen bedeutet das längere Fahrzeiten, häufigeres Umsteigen und dazu trotzdem oft wesentlich höhere Fahrpreise. Viele Menschen müssen mit Nahverkehrszügen erst zum nächsten Zentrum fahren, was die Reise verlängert, aufwendiger macht und nicht selten das Risiko birgt, aufgrund von Verspätungen den Anschlusszug zu verpassen.

Für weite Entfernungen insbesondere in die europäischen Nachbarländer waren bislang Nachtzüge die einzige brauchbare Alternative zum Luftverkehr. Sie ermöglichen ein komfortables und klimafreundliches Reisen im Nachtsprung; man kommt also morgens ausgeschlafen am Zielort an. Leider stellt die DB AG in den letzten Jahren jedoch auch immer mehr Nachtzugverbindungen ein, darunter sogar durchweg gut gebuchte Züge wie zwischen Berlin und Paris. Ein komplettes Aus für die Nachtzüge in den nächsten Jahren ist zu befürchten. So wird Bahnfahren für viele Menschen immer unattraktiver gemacht und werden Menschen in das Flugzeug und das Auto gedrängt.

DIE LINKE setzt sich für einen attraktiven und bezahlbaren Bahnverkehr für alle Menschen ein. Deswegen hat sie an diesem Freitag eine Bundestagsdebatte zum Fernverkehr in Deutschland beantragt, in der unter anderem ihr Antrag für ein Fernverkehrsgesetz in Deutschland debattiert wird, das einen Bahnverkehr für alle Menschen im Land sicherstellen soll. Außerdem setzt sich DIE LINKE für eine Mehrwertsteuerreduktion für den Bahn-Fernverkehr ein, um die bestehende Benachteiligung gegenüber dem Luftverkehr, der grundsätzlich keine Kerosinsteuer und auf grenzüberschreitenden Verbindungen nicht einmal Mehrwertsteuer zahlt, zumindest abzumindern.

An diesem Freitag (6.3.) wird der Bundestag drei Anträge der Linksfraktion zum Schienenpersonenfernverkehr debattieren:

1.)    In dem Antrag „Gewährleistung des Schienenpersonenfernverkehrs“ (Drs. 18/4186) fordert die Linksfraktion die Bundesregierung auf, endlich ein Fernverkehrsgesetz zu erlassen, wie es das Grundgesetz in Art. 87e Abs. 4 vorsieht. Seit 2001 wurde der Schienenpersonenfernverkehr im Zuge der immer stärkeren Renditeorientierung der DB AG um mehr als ein Fünftel reduziert, und zahlreiche Städte wurden dadurch vom Fernverkehr abgekoppelt oder haben eine deutliche Verschlechterung ihrer Anbindung erfahren. Mit dem nun geforderten Gesetz soll dagegen sichergestellt werden, dass wieder das ganze Land auch abseits der Hochgeschwindigkeitsstrecken gut an den Bahnverkehr angebunden wird und dass die Bahn damit tatsächlich wieder eine nutzbare Alternative für alle Menschen im Land wird. Das Besondere an diesem Antrag ist, dass er im gleichen Wortlaut bereits 2001 von der CDU/CSU-Fraktion in den Bundestag eingebracht wurde, als diese in der Opposition war und offensichtlich eine deutlich bessere Wahrnehmung der Probleme im Bahnverkehr hatte als heute. Es wird also spannend zu sehen sein, wie sich die CDU/CSU-Fraktion zu ihrem eigenen Antrag positioniert.

2.)    In dem Antrag „Rückzug der Deutschen Bahn AG bei Nacht- und Autoreisezügen stoppen – Nachhaltige Reisekultur in Europa fördern“ (Drs. 18/2494) fordert die Linksfraktion ein Moratorium für die Nachtzüge, bis ein neues, zukunftsfähiges Konzept für diese Verkehre entwickelt ist. Zu diesem Antrag gab es auch bereits im Januar eine Anhörung im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, in der deutlich wurde, dass alle eingeladenen Experten – mit Ausnahme von DB-Fernverkehrsvorstand Homburg – weiter eine Zukunft für die Nachtzüge sehen. Die Sachverständigen mahnten aber auch verbesserte Rahmenbedingungen für die Bahn an, wie sie die Linksfraktion z.B. in dem dritten Antrag zur Mehrwertsteuerreduktion im Bahn-Fernverkehr fordert (Protokoll der Anhörung).

Gegen die zunehmende Reduktion und absehbare völlige Einstellung des Nachtzugverkehrs, die mit der Entscheidung am Freitag auch vom Bundestag legitimiert wird, formiert sich ein immer stärkerer Widerstand. Auch am Freitag werden ab 14:30 Aktivistinnen und Aktivisten aus mehreren europäischen Ländern unterstützt durch Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion mit einem Protest vor dem Bundestag (vor der Treppe zum Hauptportal an der Westseite) für den Erhalt des Nachtzugverkehrs demonstrieren.

3.)    In dem dritten Antrag (Drs. 18/03746) fordert die Linksfraktion eine Reduktion des Mehrwertsteuersatzes für den Bahn-Fernverkehr. Damit soll die Ungleichbehandlung zwischen Bahn- und Luftverkehr zumindest teilweise vermindert werden, vor allem auch um den Nachtzugverkehr zu stärken. Bislang sind Bahntickets im grenzüberschreitenden Verkehr mit vollen 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt, während grenzüberschreitende Flugtickets komplett von der Mehrwertsteuer befreit sind. Außerdem ist die Bahn zur Zahlung von Stromsteuer und EEG-Umlage verpflichtet, während Kerosin für den Luftverkehr grundsätzlich von jeglicher Steuer befreit ist. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum der um ein Vielfaches klimaschädlichere Luftverkehr so gegenüber dem sehr viel umwelt- und klimafreundlicheren Bahnverkehr bevorzugt wird. Deshalb fordern wir als Abhilfe eine Reduktion des Mehrwertsteuersatzes im Schienenpersonenfernverkehr auf 7 Prozent und zur Gegenfinanzierung eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe.

 

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