Die Europäische Linke: Für eine europäische Agrar- und Ernährungspolitik des 21. Jahrhunderts


Kurzfassung von Jens-Eberhard Jahn des auf dem EL-Parteikongress in Madrid beschlossenen Antrags zur Agrarpolitik.

Wir möchten mit Bäuerinnen und Bauern, Gärtnerinnen und Gärtnern, Forstleuten, Fischerinnen und Fischern, Verbraucherinnen und Verbrauchern, Gewerkschaften, NGOs, Verbänden und anderen gesellschaftlichen Kräften ins Gespräch kommen.
Dieses Papier soll zu einem solchen Dialog einladen.

Eine europäische Agrar- und Ernährungspolitik des 21. Jahrhunderts muss sich von der Idee stetigen Wirtschaftswachstums und kontinuierlicher Intensitivierung lossagen. Wir brauchen ein neues Agrarmodell! Die Europäische Linke verteidigt eine Agrarpolitik, die es den Produzentinnen und Produzenten ermöglicht, von ihrer Arbeit zu leben. Wir verteidigen die Ernährungssouvernänität: Das heißt, dass die Bäuerinnen und Bauern entscheiden, was sie anbauen und dass die Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden, wie ihre Lebensmittel erzeugt werden. Die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) muss dazu beitragen, das Recht auf Nahrung real umzusetzen.

Hier unsere Positionen im Einzelnen:

-          Für gute Arbeit in der Agrarwirtschaft: Die Mittel der GAP dürfen ausschließlich zur Unterstützung einer bäuerlichen Landwirtschaft und für den sozialen und ökologischen Umbau der Landwirtschaft eingesetzt werden. Die Kappung der Zahlungen ab einer bestimmten Betriebsgröße muss die Arbeitsintensität der Betriebe berücksichtigen und darf für Genossenschaften und Erzeugerzusammenschlüsse nicht zur Anwendung kommen. Die Arbeitsbedingungen für Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter sowie für das Schlachthofpersonal sind oftmals unerträglich. Wir setzen uns für verpflichtende Normen in ganz Europa ein.

-          Für eine ökologisch nachhaltige Agrarpolitik: Nur eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft darf von öffentlichen Geldern profitieren. Die Europäische Linke tritt für eine Landwirtschaft ohne gentechnisch veränderte Organismen (GVO) ein. Intensivlandwirtschaft kann schwerwiegende Umweltprobleme verursachen. Wir wollen eine Landwirtschaft, die zum Kampf gegen den Klimawandel beiträgt und die gesunde Lebensmittel produziert. Die Forschungsmittel für den ökologischen Landbau müssen aufgestockt werden.

-          Die Gelder der GAP dürfen nicht mit der Gießkanne pro Hektar verteilt werden, sondern müssen im Gegenteil in sowohl sozial als auch ökologisch nachhaltig wirtschaftende Betriebe investiert werden. In vielen Bereichen hat die Entkopplung der Zahlungen von der Produktion großen Schaden angerichtet. Die Europäische Linke wendet sich entschieden gegen diese Form neoliberaler Agrarpolitik.

-          Wir treten für bodengebundene Viehhaltung ein: Das heißt, dass die Futtermittel lokal erzeugt werden, Mist und Gülle lokal verwendet werden müssen. Durch Futtermittelimporte führt die EU jährlich indirekt Agrarflächen von der Größe Frankreichs ein. Diese Flächen stehen den exportierenden Ländern dann nicht mehr für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung. Wir wenden uns energisch gegen diese Importe, zumal sie in den Herkunftsländern meist unter ökologisch und sozial katastrophalen Bedingungen erzeugt werden.

-          Der Tierschutz muss Bestandteil der GAP werden. Die EU braucht ein Tierschutzregelwerk. Die zeitliche Begrenzung von Tiertransporten auf vier Stunden innerhalb der EU wäre nicht nur ein Fortschritt für den Tierschutz; eine derartige Maßnahme würde durch ein dezentrales Netz von Schlachthöfen und Veredlungsbetrieben auch die regionale Wertschöpfung sichern helfen.

-          Wochenmarkt statt Weltmarkt: Die Europäische Linke steht die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Statt des Weltmarktes wollen wir regionale Wertschöpfungsketten stärken. Das schließt auch die Bevorzugung regionaler Produkte in öffentlichen Institutionen wie Schulkantinen, Krankenhäuser oder Pflegeheime ein.

-          Es muss Schluss damit sein, dass die Gesellschaft die Kosten für nicht nachhaltige Produktion trägt (Externalisierung der Kosten). Transporte müssen angemessen besteuert werden, insbesondere die ökologisch verheerenden Transporte in der Luft. Nicht zu vergessen: Der Export subventionierter Lebensmittel zerstört regionale Märkte in den Ländern des Südens.

-          Mit Lebensmittel darf nicht spekuliert werden. Der Agrarsektor muss bei den WTO-Handelsabkommen ausgeklammert werden. Wir wenden uns insbesondere gegen die Doha-Runde. Die Freihandelsabkommen müssen nachverhandelt werden.

-          Die europäische Fischereipolitik muss den Erhalt und die Erneuerung der Fischbestände in den europäischen Meeren zum Ziel haben. Die EU muss statt industrieller Fischflotten die kleinen und mittelständischen Fischerinnen und Fischer unterstützen. Diese Betriebe sind eine wichtige Ressource für Entwicklung und Lebensqualität in den Küstenregionen Europas.

-          Wir unterstützen verantwortungsvolles und solidarisches Konsumverhalten und unterstützen den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung und Ernteverluste.

-          Wir brauchen lebendige und lebenswerte ländliche Räume am Rand ebenso wie im Zentrum der EU. Die zweite Säule der GAP, ELER, ESF und EFRE müssen aufeinander abgestimmt werden, um Bewohnerinnen und Bewohnern benachteiligter Regionen kulturelle, soziale und wirtschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

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