Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU. Perspektiven bis 2020.

Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU. Perspektiven bis 2020.

Wiese in der Eifel, Foto: Gabi Schönemann, pixelio.deAm 18. November hat die Europäische Kommission ihre lang erwartete Mitteilung zur künftigen Agrarpolitik veröffentlicht. Der Titel: „Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bis 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete – die künftigen Herausforderungen“. Die Reform der Agrarpolitik ist im Kontext der Europa2020-Strategie zu sehen. Das Ziel einer europäischen sozialen Marktwirtschaft soll vermittels dreierlei sich gegenseitig verstärkender Prioritäten erreicht werden:

-      Intelligentes Wachstum: Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft;

-      Nachhaltiges Wachstum: Förderung einer ressourcenschonenden, ökologischeren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft;

-      Integratives Wachstum: Förderung einer Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem sozialen und territorialen Zusammenhalt.

EU-Kommissar Dacian Cioloş erklärte daher, die GAP müsse „umweltfreundlicher, gerechter, effizienter und wirkungsvoller“ gestaltet werden. „Die GAP geht nicht nur die Landwirte, sondern – als Verbraucher und Steuerzahler – alle Europäer an. Wir müssen unsere Politik daher in einer Weise konzipieren, die für die breite Öffentlichkeit verständlicher ist und die öffentlichen Vorteile deutlich macht, die die Landwirte für die Allgemeinheit erbringen. Die europäische Landwirtschaft muss nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch wettbewerbsfähig sein.“

 

Was ist die „Gemeinsame Europäische Agrarpolitik“?

Die GAP wurde 1957 in den Römischen Verträgen etabliert. Die Sicherung der landwirtschaftlichen Einkommen war eines ihrer Ziele, neben Erhöhung der Produktivität und Unterstützung des Strukturwandels, niedrigen Preisen für Lebensmittel, Versorgungssicherheit und Stabilisierung der Agrarmärkte. Wichtigstes Instrument der 1962 eingerichteten Marktordnungen war die Festlegung von Zielpreisen, die durch variable Zölle und Interventionskäufe u.a. bei Getreide, Ölsaaten, Wein und Butter, durch Produktionsquoten bei Milch und durch Exportsubventionen bei Zucker durchgesetzt wurden. Hinzu kamen Prämien, die an die Produktion oder die Fläche geknüpft sein konnten. Im Zuge der Erweiterung der EG breitete sich diese Politik in Europa aus und ersetzte oft ähnliche nationale Systeme. Aber auch andere Länder wie die Schweiz, Norwegen und Japan schützten und schützen ihre Landwirte durch verschiedene Mechanismen. Die Kosten trugen und tragen Konsumenten und Steuerzahler, oft ohne dass sich die Einkommenssituation vieler Landwirte nachhaltig verbesserte (Feindt 2007).

Während in den 80er Jahren in den USA marktliberale Ideen an Einfluss gewannen, setzte sich in der EU die Auffassung durch, dass die multifunktionalen Leistungen der Landwirtschaft für die ländlichen Räume weiterhin eine Unterstützung des Agrarsektors notwendig machten. Durch erhebliche Überschüsse in den 70er und 80er Jahren gab es gewaltige agrarpolitische, handelspolitische und fiskalische Verwerfungen, die dann zur Reform von 1992 führten. 1992 wurden im Rahmen der MacSharry-Reform auch erstmals Agrarumweltprogramme etabliert. Wichtig ist diese Reform vor allem deshalb, weil mit ihr der Wechsel von Preisgarantien zu Direktsubventionen gelang. 1999 wurde eine „Integrierte Ländliche Entwicklungspolitik“ als Zweite Säule der GAP eingerichtet. 2003 wurde mit den „Luxemburger Beschlüssen“ eine umfassende Agrarreform beschlossen, deren Kernstück die Entkoppelung der Zahlungen von der Produktion war (Greer 2005). Diese Reform war eindeutig neoliberal ausgerichtet, orientiert auf Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Die EU verfolgte diesen Weg konsequent und wandelte ab 2005 die Systeme der Marktpreisstützung in eine einheitliche, flächenbezogene Prämie auf Basis historischer Zahlungsansprüche um. Dies wurde im Sinne des Multifunktionalitätsgedankens damit begründet, dass die Landwirte eine Reihe von gesetzlichen Auflagen einhalten müssen (Cross Compliance). Da andere Branchen in der Regel keine staatlichen Zahlungen dafür erhalten, dass sie die Gesetze einhalten, scheint in dieser Legitimation der entkoppelten Direktzahlungen weiterhin ein Element des landwirtschaftlichen Exzeptionalismus durch (Feindt 2007), der heutzutage einer Rechtfertigung bedarf. Die Luxemburger Beschlüsse orientierten sich bereits in starkem Maße an den Anforderungen der Doha-Runde: So wurde mit der Entkoppelung der Zahlungen von der Produktion und ihrer Verknüpfung mit den Cross Compliance-Anforderungen das Ziel verfolgt, dass die Direktzahlungen eben nicht im Sinne der WTO handelsverzerrend sind.

Ab Mai 2004 wurden die mittel- und osteuropäischen EU-Beitrittsländer in die GAP integriert. Seither erhalten die dortigen Produzenten 25% der Direktzahlungen ihrer Kollegen in der EU-15. Erst mit der neuen GAP ab 2014 sollen die Sätze angeglichen, zumindest ausgeglichen sein.

Die Bundesregierung steht immer noch konsequent hinter dem neoliberalen Modell von 2003, während die Kommission die Ausrichtung der GAP nun vorsichtig modifiziert: teilweise Beibehaltung der Koppelung, Basisprämie als Grundsicherung, Vereinfachung für Kleinbetriebe, Deckelung für Großbetriebe und eine Umweltkomponente in der Ersten Säule, um einige Stichpunkte zu nennen. Damit ist die Bundesregierung nicht einverstanden und hat mit einer Überprüfung der Nettozahlerposition Deutschlands gedroht. Weil eben ein beträchtlicher Teil der Gelder für die GAP aus Deutschland kommen, ist die agrarpolitische Diskussion hier und heute so wichtig, wird die agrarpolitische Ausrichtung Deutschlands so wichtig sein.

EU-Kommissar Dacian Cioloş hatte am 12. April 2010 zur öffentlichen Debatte über die künftige GAP eingeladen. Die Online-Debatte dauerte ein Vierteljahr und umfasste europaweit 5.500 Beiträge. Vier weit gefasste Fragen waren dabei vorgegeben:

Frage 1 – Warum benötigen wir eine gemeinsame europäische Agrarpolitik?

Die meisten Interessenvertreter, Denkfabriken, Forschungsinstitute und andere Debattenteilnehmer glaubten, dass eine gemeinsame Agrarpolitik auf EU-Ebene dem Nebeneinander verschiedener nationaler und regionaler Politiken vorzuziehen sei. Viele Teilnehmer hoben hervor, dass die GAP von entscheidender Bedeutung für die Nahrungsmittelsicherheit in der EU sei.

Viele Teilnehmer aus allen Teilen der Gesellschaft vertraten die Auffassung, dass eine GAP darauf abzielen solle, die Vielfalt landwirtschaftlicher Betriebe in Europa, insbesondere in abgelegenen Gebieten, zu erhalten und die Bereitstellung vielfältiger öffentlicher Güter sicherzustellen. Darüber, wie dies zu bewerkstelligen sei, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Manche halten die GAP für ein wesentliches Instrument zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Landwirten. Andere glaubten, dass der Hauptschwerpunkt der GAP auf der Bereitstellung öffentlicher Güter, der Förderung der territorialen Kohäsion sowie auf der Erhaltung und Stärkung der Lebensfähigkeit ländlicher Gebiete liegen sollte. Nach dieser Auffassung sollten Landwirte nur dann Unterstützung erhalten, wenn sie zur Bereitstellung öffentlicher Güter beitragen.

Frage 2 – Was erwarten die Bürger von der Landwirtschaft?

Beiträge aus allen Bereichen der Gesellschaft zeigten große Übereinstimmung hinsichtlich der wesentlichen Ziele der EU-Landwirtschaft:

–     Sie sollte sichere, gesunde und naturnah erzeugte Lebensmittel zu transparenten und günstigen Preisen bereitstellen;

–     sie sollte eine nachhaltige Bodennutzung gewährleisten;

–     sie sollte Tätigkeiten fördern, die die ländlichen Gemeinschaften und die Landschaft nachhaltig bewahren;

–     sie sollte die Nahrungsmittelversorgung sicherstellen.

In vielen Beiträgen wurde die Meinung vertreten, die Bürger erwarteten von der EU-Landwirtschaft, dass sie die Umwelt schütze, die biologische Vielfalt, die Wasserressourcen etc. bewahre und ihre Auswirkungen auf die globale Erwärmung verringere. Viele waren der Ansicht, dass nachhaltig wirtschaftende Familienbetriebe vielfältige Vorteile zu bieten hätten und dass die europäischen Bürger dies würdigten. In einer erheblichen Anzahl von Beiträgen wurde betont, dass dem Landwirtschaftssektor große Bedeutung bei der Bereitstellung von Arbeitsplätzen in ländlichen Gebieten zukomme.

Frage 3 – Warum muss die Gemeinsame Agrarpolitik reformiert werden?

Die wichtigsten Argumente, die für eine weitere Reformierung der GAP angeführt werden, lauteten:

  • Eine reformierte GAP sollte es Landwirten, Verbrauchern und den übrigen Beteiligten in der Lebensmittelkette ermöglichen, mit der zunehmenden Instabilität und Volatilität der Preise für Agrarrohstoffe und Lebensmittel umzugehen;
  • nicht marktbezogenen Aspekten wie Umweltschutz, Qualitäts- und Gesundheitsstandards und Nachhaltigkeit sollte mehr Bedeutung beigemessen werden;
  • sie sollte auf die Auswirkungen des Klimawandels reagieren;
  • sie sollte den verschiedenen höheren Erwartungen der Verbraucher zum Beispiel hinsichtlich der Herkunft von Lebensmitteln, Qualitätsgarantien usw. Rechnung tragen;
  • sie sollte die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft stärken;
  • sie sollte besser mit anderen auf die ländlichen Gebiete bezogenen EU-Politiken koordiniert werden.

 

Frage 4 – Welches Instrumentarium benötigen wir für die GAP von morgen?

Eine große Zahl von Teilnehmern vertrat die Meinung, dass die derzeitige Richtung der GAP mit relativ geringfügigen Änderungen beizubehalten sei. Eine andere große Gruppe von Teilnehmern äußerte dagegen die Ansicht, dass die GAP neu ausgerichtet werden müsse; die landwirtschaftliche Erzeugung und die Zahlungen an Landwirte müssten enger mit der Bereitstellung öffentlicher Güter wie zum Beispiel Umweltleistungen verknüpft werden. Gefordert wurde außerdem eine größere Beteiligung der Bürger bei dem Entwurf und der Umsetzung der künftigen Politik.

Stark verbreitet, besonders in der Öffentlichkeit, ist die Auffassung, die „industrielle“ Landwirtschaft solle in der GAP wenig Raum einnehmen; die GAP-Hilfen sollten vielmehr bedürftigeren Empfängern zugute kommen (z. B. in benachteiligten Gebieten, Berggebieten, in der ökologischen Landwirtschaft oder in einer von verschiedenen anderen genannten Kategorien).

Folgende Tendenzen konnte die EU-Kommission in der Diskussion herauskristallisieren:

  • Die EU sollte bei der GAP-Reform einen strategischen Ansatz verfolgen. Sie sollte Gesamtlösungen und keine Teillösungen anstreben und dabei sowohl den Herausforderungen der GAP als auch den Wechselbeziehungen zwischen der GAP und den anderen internen und externen EU-Politiken Rechnung tragen;
  • sie sollte sicherstellen, dass die GAP für Nahrungsmittelsicherheit in der EU sorgt und zu diesem Zweck eine Reihe von Instrumenten einsetzen;
  • sie sollte die wettbewerbsfähigen und potenziell wettbewerbsfähigen Bereiche der europäischen Landwirtschaft weiter in ihren Bemühungen unterstützen, im Kontext eines Marktes zu funktionieren und dabei der Innovation und der Verbreitung von Forschungsergebnissen mehr Bedeutung beimessen;
  • sie sollte berücksichtigen, dass der Markt für die Bereitstellung öffentlicher Güter und Leistungen nicht zahlen kann (oder will) und dass aus diesem Grund öffentliches Handeln erforderlich ist, um das Marktversagen auszugleichen;
  • sie sollte anerkennen, dass die angemessene Bezahlung von Landwirten für die Bereitstellung öffentlicher Güter und Leistungen ein Schlüsselelement einer reformierten GAP darstellen wird;
  • sie sollte die Umwelt und die biologische Vielfalt schützen, die Landschaft bewahren, die ländliche Wirtschaft erhalten, Arbeitsplätze in der Landwirtschaft erhalten/schaffen und den Klimawandel abschwächen;
  • sie sollte den Aufbau der zwei GAP-Säulen überdenken, ihr Verhältnis zueinander klarstellen sowie angemessene Mittel für eine erfolgreiche ländliche Entwicklung zur Verfügung stellen;
  • sie sollte sich um eine gerechtere GAP bemühen – gerechter gegenüber kleinen Betrieben, benachteiligten Gebieten und neuen Mitgliedstaaten;
  • sie sollte die Lebensmittelkette transparenter machen und den Erzeugern größere Mitsprachemöglichkeiten geben;
  • sie sollte faire Wettbewerbsbedingungen für einheimische und eingeführte Erzeugnisse schaffen;
  • sie sollte darauf achten, den Volkswirtschaften und Lebensmittelerzeugungskapazitäten von Entwicklungsländern keinen Schaden zuzufügen und sie sollte zur Bekämpfung des Hungers in der Welt beitragen (ERGEBNISSE).

Damit all dies erreicht wird, sollte die künftige GAP eine „grünere“ erste Säule, die auch eine gerechtere Verteilung der EU-Agrarmittel – zzt. etwa 40% des EU-Haushalts – gewährleistet, sowie eine zweite Säule umfassen, die den Schwerpunkt verstärkt auf Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, Klimawandel und Umwelt legt. Eine Ausrichtung der Unterstützung ausschließlich auf aktive Landwirte und eine Vergütung der kollektiven Dienstleistungen, die sie für die Gesellschaft erbringen, würde die Akzeptanz, Wirksamkeit und Effizienz erhöhen (GAP 2020).

Wie eingangs erwähnt, wird die zukünftige GAP auch zur Europa2020-Strategie beitragen:

intelligentes Wachstum: Steigerung der Ressourceneffizienz und der Wettbewerbsfähigkeit durch technologisches Wissen und Innovation, Entwicklung von Qualitätsprodukten mit hohem Mehrwert, Entwicklung von umweltfreundlichen Technologien und Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien, Investitionen in Fortbildung, Bereit­stellung von Anreizen für soziale Innovation in ländlichen Gebieten und Verbesserung der Übernahme von Forschungsergebnissen;

nachhaltiges Wachstum: Erhaltung der Grundlage für die Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln sowie von erneuerbaren Energien, Gewährleistung einer nachhaltigen Landbewirtschaftung, Bereitstellung ökologischer öffentlicher Güter, Bekämpfung des Biodiversitätsverlusts, Förderung erneuerbarer Energien, Förderung der Tier- und Pflanzengesundheit, Steigerung der Ressourceneffizienz durch technologische Entwicklung und Nutzung von Forschungsergebnissen, weitere Senkung von Emissionen, Ausbau der Kohlenstoffspeicher und Ausschöpfung des Potenzials der ländlichen Gebiete;

integratives Wachstum: Erschließung des wirtschaftlichen Potenzials in ländlichen Gebieten, Ausbau der lokalen Märkte und der Beschäftigung, Flankierung der Umstrukturierung der Landwirtschaft und Einkommensstützung für die Landwirte, um eine nachhaltige Landwirtschaft in ganz Europa aufrechtzuerhalten7.

 

Die drei Hauptziele der künftigen GAP lauten wie folgt:

Ziel 1:            Rentable Nahrungsmittelerzeugung.

Ziel 2:            Nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und Klimamaßnahmen.

Ziel 3:            Ausgewogene räumliche Entwicklung.

Zu diesem dritten Ziel gehört die Förderung der strukturellen Vielfalt in den landwirtschaftlichen Systemen, Verbesserung der Bedingungen für Kleinlandwirte und Ausbau der lokalen Märkte, da die Vielfalt der Betriebsstrukturen und Produktionssysteme in Europa zur Attraktivität und Identität der ländlichen Regionen beitragen.

Alle potenziellen Optionen für die künftige GAP bringen Änderungen der gegenwärtigen GAP-Instrumente mit sich. Die künftige Gewährung von Direktzahlungen an aktive Landwirte könnte nach folgenden Grundsätzen erfolgen, die das vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Konzept aufgreifen:

Eine Grundsicherung für die Einkommen durch Gewährung einer entkoppelten Basis-Direktzahlung mit einheitlicher Höhe der obligatorischen Stützung für Landwirte in einem Mitgliedstaat (oder einer Region), basierend auf übertragbaren, durch Verknüpfung mit beihilfefähigen landwirtschaftlichen Flächen zu aktivierenden Ansprüchen und Erfüllung der Cross-Compliance-Anforderungen. Die Einführung einer Obergrenze für Direktzahlungen an Großlandwirte („Deckelung“) sollte in Erwägung gezogen werden, um die Verteilung der Zahlungen zwischen den Landwirten zu verbessern. Unverhältnismäßige Auswirkungen auf landwirtschaftliche Großbetriebe mit vielen Beschäftigten könnten durch Berücksichtigung von entlohnter Arbeit gemildert werden.

Verbesserung der Umweltleistung der GAP durch eine obligatorische „Ökologisierungskomponente“ der Direktzahlungen, indem Umweltmaßnahmen unterstützt werden, die im gesamten Gebiet der EU zur Anwendung kommen. Vorrang sollten Maßnahmen erhalten, die sowohl klima- als auch umweltpolitische Ziele verfolgen. Hierbei könnte es sich um einfache, allgemeine, nicht vertragliche, jährliche, über die Cross-Compliance hinausgehende Umweltmaßnahmen im Zusammenhang mit der Landwirtschaft handeln (z. B. Dauergrünland, Gründecke, Fruchtfolge und ökologische Flächenstilllegung). Darüber hinaus könnte die Möglichkeit einer Einbeziehung der Anforderungen im Zusammenhang mit den derzeitigen Natura-2000-Gebieten geprüft werden.

Förderung der nachhaltigen Entwicklung der Landwirtschaft in Gebieten mit besonderen natürlichen Einschränkungen, indem den Landwirten in solchen Gebieten ergänzend zu der Unterstützung, die sie im Rahmen der zweiten Säule erhalten, eine zusätzliche Einkommensstützung in Form einer Flächenzahlung gewährt wird.

Zur Berücksichtigung spezifischer Probleme in bestimmten Regionen, in denen besondere Formen der Landwirtschaft aus wirtschaftlichen und/oder sozialen Gründen als besonders wichtig angesehen werden, kann weiterhin eine fakultative gekoppelte Unterstützung innerhalb klar definierter Grenzen gewährt werden (auf festgesetzten Flächen, Erträgen oder Tierzahlen basierende Unterstützung).

Vereinfachung der Cross-Compliance-Bestimmungen, wobei die Einbeziehung der Wasserrahmenrichtlinie in den Geltungsbereich der Cross-Compliance geprüft wird, sobald die Richtlinie umgesetzt ist und die operativen Verpflichtungen für die Landwirte festgelegt sind.

Drei breite Politikoptionen, die die wesentlichen Richtungen der öffentlichen Debatte widerspiegeln, ohne sich gegenseitig auszuschließen, ergeben sich daraus. Sie werden hier dargestellt als mögliche Wege, die eingeschlagen werden könnten und deren Auswirkungen noch zu untersuchen sind, bevor endgültige Beschlüsse gefasst werden. Allen drei Optionen liegt die Gliederung in zwei Säulen zugrunde (mit unterschiedlicher Gewichtung zwischen den Säulen).

Option 1

Diese Option würde in der Einführung weiterer schrittweiser Änderungen am derzeitigen politischen Rahmen bestehen. Sie würde an die Elemente der Politik anknüpfen, die reibungslos funktionieren, und sich auf Anpassungen und Verbesserungen in demjenigen Bereich der GAP konzentrieren, der am stärksten in der Kritik steht, d. h. auf die Frage der gerechten Verteilung der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten.

Option 2

Eine Alternative wäre, die Chance für eine Reform zu nutzen und die Politik in wesentlichen Punkten zu überarbeiten, um sie nachhaltiger zu gestalten und eine bessere Balance zwischen den verschiedenen politischen Zielen, den Landwirten und den Mitgliedstaaten zu erreichen. Dies würde durch zielgerichtetere Maßnahmen geschehen, die auch für die EU-Bürger verständlicher wären.

Option 3

Eine weitere Option wäre eine grundlegendere Reform der GAP mit einem starken Fokus auf Umwelt- und Klimazielen, während die Einkommensstützung sowie die meisten marktbezogenen Maßnahmen schrittweise eingestellt würden (GAP 2020).

Für eine Fortsetzung der bisherigen Agrarpolitik fehlt es an Argumenten. Die bisherige Agrarumweltpolitik hat die Probleme moderner und zunehmend industrialisierter Agrarproduktionssysteme nicht ausgleichen können. Artenschwund hält an, die Gewässerbelastung in den Binnengewässern, Nord- und Ostsee wird nicht ausreichend bekämpft. Die ökologische und soziale Fracht moderner Nahrungsmittelerzeugung wird immer größer.

Wir befinden uns aber nicht am Ende einer Debatte, sondern am Ende der ersten Phase der Debatte zur GAP-Reform. Dacian Cioloş hat aus der ersten Phase der Debatte heraus einige Eckpunkte und drei Optionen für eine künftige Ausrichtung formuliert. Noch also kann an den bisherigen Konfliktlinien entlang diskutiert werden um ein Optimum an sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit für die GAP nach 2013 zu erreichen.

 

Bibliographie:

(ERGEBNISSE) DIE GEMEINSAME AGRARPOLITIK NACH 2013. ÖFFENTLICHE DISKUSSION. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE. http://ec.europa.eu/agriculture/cap-post-2013/debate/report/executive-summary_de.pdf

FEINDT, Peter H. 2007. „Harmonisierung, Problemdruck, Kommunikation. Konvergenz in der Agrarpolitik der OECD-Länder 1986-2004“, in: HOLZINGER, K (Hg.): Transfer, Diffusion und Konvergenz von Politiken. Wiesbaden, 496-521.

(GAP 2020) DIE GAP BIS 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete – die künftigen Herausforderungen. Mitteilung der Kommission, 18.11.2010.

GREER, Alan. 2005. Agricultural Policy in Europe. Manchester.

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