Die agrarpolitische Gretchenfrage

Strohpuppen, Foto: josupewo, pixelio.deIn der EU wird aktuell die Gemeinsame Europäische Agrarförderpolitik  (GAP) nach 2013 diskutiert. Die Debatte läuft auf vollen Touren. Aber aus Sicht der LINKEN wird ein wichtiges Thema dabei ausgeblendet. Wir wollen eine geschlechtergerechte Agrarförderung!

Schauen wir auf die Situation der Frauen in Dörfern und kleinen Städten Deutschlands sind Gleichstellungsdefizite offensichtlich! Ein Beispiel: hier werden nur 9,7 % der Landwirtschaftbetriebe von Frauen geführt. Am ehesten noch in Ostdeutschland und ganz kleine. Damit stehen wir auf dem vorletzten Platz in der EU! Nur in den Niederlanden sind es mit 5,4 % noch weniger. Dagegen sind in den Baltischen Staaten weiblich geführte Landwirtschaftsbetriebe so selbstverständlich, dass man neidisch werden kann. In Estland stehen in 41,5 %, in Lettland in 47,1 % und in Litauen in 46,4 % der Betriebe Frauen an der Spitze. Auch in Polen gibt es 33 %, in Österreich 32,2 % oder in Rumänien 30 %  Betriebsleiterinnen. 

Und es gibt noch mehr Gleichstellungsdefizite auf dem Land. Frauen fehlt der Zugang zu Existenz sichernden Einkommen, auch weil oft Familie und Beruf nur schwer vereinbar sind. Wenn sie erwerbstätig sind werden sie deutlich schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Die Lohndiskriminierung von Frauen gegenüber Männern in ländlichen Räumen beträgt 35 % - in Städten 15%. Auch damit stehen wir auf einem der hinteren Plätze in der EU, nämlich auf Platz 27.

Es sind auch vor allem Frauen, die bei der familiären Betreuung Defizite in der Infra- und Versorgungsstruktur ausgleichen müssen, weil Wege zu Supermärkten, Ärzten, Kitas oder Schulen, zu Volkshochschul-, Sport oder Kulturangebote immer länger werden. Damit müssen sie häufig  auf eigene Lebensperspektiven verzichten.

Auch deshalb wandern gerade junge Frauen seit Jahren in die Städte ab. Die Zukunftsfähigkeit der Dörfer und kleinen Städte hängt davon ab, ob dieser Prozess gestoppt oder gar umgekehrt werden kann. Dazu muss Agrarförderung zwingend beitragen.

DIE LINKE fordert in die Diskussion zur GAP nach 2014 die Beseitigung von Gleichstellungsdefiziten einzubeziehen. Dabei geht nicht so sehr darum, rechnerisch jeden zweiten Euro an Frauen zu überweisen. Wir wollen einen grundsätzlichen Wandel. Die Agrarförderung muss zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen, Frauen müssen an allen Entscheidungen beteiligt und Förderprogramme auf ihre speziellen Erfordernisse ausgerichtet werden. Die Bundesregierung rechtfertigt sich mit einer „geschlechtsneutralen Förderpolitik“. So werden aber die Probleme nicht gelöst, sondern Ungerechtigkeit zementriet. Defizite können nur mit Ungleichbehandlung behoben werden.


Deshalb hat DIE LINKE diese Woche einen entsprechenden Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht. Die Reden zur ersten Lesung des Antrages am 15. April 2011 finden Sie hier. Eine Pressemitteilung zur Abstimmung des Antrages am 25.05.2011 im Agrarausschuss des Bundestag von Dr. Kirsten Tackmann (MdB) finden Sie hier.

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