Bundesrat kippt Gesetz zur CO2-Endlagerung
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- 23 September 2011
- von Bernd Brouns
Anfang Juli verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition das Gesetz zur unterirdischen CO2-Verpressung (CCS). Heute wurde es im Bundesrat gestoppt. Auch zwei Anträge auf Einberufung des Vermittlungsausschusses zwischen Bundesrat und Bundestag fanden keine Mehrheit. Nun liegt der Ball wieder bei Bundesregierung und Bundestag, die von sich aus den Vermittlungsausschuss einberufen können. Ob und wann dies geschieht, steht aber gegenwärtig noch in den Sternen. Damit droht der Bundesregierung ein EU-Vertragsverletzungsverfahren, da die CCS-Richtlinie bis 25. Juni 2011 in nationales Recht hätte umgesetzt sein müssen.
Der Bundesrat hatte der schwarz-gelben Koalition bereits im Mai 2011 eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen zum CCS-Gesetzentwurf mit auf den Weg in den Bundestag gegeben. Da nur ein kleiner Teil dieser Vorschläge bei den Beratungen im Bundestag die Zustimmung der Regierungsfraktionen erhielt, hatte der Umweltausschuss des Bundesrats, federführend mit dem CCS-Gesetz betraut, bereits in seiner Sitzung am 9. September 2011 die Einberufung des Vermittlungsausschusses empfohlen. Zentraler Kritikpunkt des Ausschusses: "Den Behörden muss ein Entscheidungsermessen bei der Übertragungsentscheidung verbleiben." (Bundesrat, Drs. 487/1/11) Was heißt das? Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass nach 30 Jahren auf Verlangen der privaten Betreiber der CO2-Lagerstätten die öffentliche Hand, in diesem Fall die Bundesländer, die Verantwortung für die "stillgelegten" Endlager übernehmen muss. Der Bundesrat wollte keinen solchen Automatismus, sondern den Bundesländern einen Ermessensspielraum einräumen.
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hatten daraufhin einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag gestellt, um über Änderungen am Gesetz zu verhandeln. Dieser fand heute ebensowenig wie das Gesetz eine Mehrheit in der Länderkammer. Sicher auch, weil die Begründung des Antrags deutlich über die Empfehlung des Umweltausschusses hinausging.
Die Bundesländer Brandenburg, Hamburg und Sachsen beantragten ihrerseits - und ebenfalls erfolglos - die Einberufung des Vermittlungsausschusses, um auf diesem Wege die Streichung der sog. Länderklausel im Gesetz zu erreichen. Diese Klausel eröffnet Bundesländern die Möglichkeit, die CO2-Verpressung auf ihrem Territorium zu verbieten und wurde der Bundesregierung in monatelangen Verhandlungen von den schwarz-gelb regierten Bundesländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen abgerungen. Denn in beiden Ländern findet sich nicht nur ein großer Teil der potenziellen CO2-Lagerstätten, sondern auch ein breiter Widerstand gegen die CCS-Technologie, der von der Bevölkerungen in den betroffenen Regionen bis hin zum Bauernverband reicht. Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg hingegen ist gegen diese Länderklausel. Denn bei aller Euphorie über die vermeintliche Klimaschutz-Technologie CCS, überkam die rot-rote Landesregierung dann doch ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, als einziges Bundesland zum CO2-Klo der Republik zu werden. Denn die Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen hatten bereits angekündigt, die CO2-Verpressung auf ihrem Landesgebiet verbieten zu wollen. So verbleiben nur in Brandenburg noch konkrete Planungen zur Erprobung dieser neuen Technologie: Vattenfall plant in Jänschwalde ein Demonstrationskraftwerk zur CO2-Abscheidung. Das dort abgeschiedene CO2 soll dann in Beeskow und/oder Neutrebbin in den Untergrund verpresst werden.
Wie geht's jetzt weiter? Dies scheint wenige Stunden nach der Bundesratsentscheidung wenigen, erst recht nicht Union und FDP, klar zu sein. Einerseits müsste die Bundesregierung auf schnellstem Wege den Vermittlungsausschuss anrufen, um einem EU-Vertragsverletzungsverfahren aus dem Wege zu gehen. Andererseits zeichnet sich gegenwärtig keine schnelle Einigung ab. Bei langwierigen Verhandlungen bestünde jedoch die "Gefahr", dass der Streit um die CO2-Verpressung mitten in den Wahlkampf in Schleswig-Holstein fällt, wo am 6. Mai 2012 ein neuer Landtag gewählt wird. Vattenfall scharrt hingegen ungeduldig mit den Füßen, braucht der Konzern doch dringend eine rechtliche Grundlager für den geplanten Bau eines CCS-Kohlekraftwerks in Jänschwalde. Denn bei einer weiteren Verzögerung würde Vattenfall die Fristen für die Beantragung von EU-Fördermitteln in Millionenhöhe nicht mehr halten können. Eine verzwickte Situation.
Dabei wär's so einfach. Die CCS-Richtlinie der EU räumt den Mitgliedsstaaten in Artikel 4 das Recht ein, "keinerlei Speicherung auf Teilen oder auf der Gesamtheit ihres Hoheitsgebietes zuzulassen". Darauf aufbauend hatte die Bundestagsfraktion DIE LINKE einen Gesetzesentwurf für ein CO2-Speicher-Verbotsgesetz in den Bundestag eingebracht. Ein Verbot der unterirdischen CO2-Verklappung würde in den kommenden Monaten nicht nur viel politischen Streit ersparen, sondern mit der CCS-Technologie auch eine große Hürde für eine konsequente Energiewende hin zu erneuerbaren Energien beseitigen.