GVO im Streichelzoo
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- 15 Januar 2011
Im sachsen-anhaltinischen Üplingen gibt es seit Juli dieses Jahr einen Schaugarten, in dem in erster Linie gentechnisch veränderte Pflanzen gezeigt werden sollen. Ein Besuch. Üplingen im September. In spätherbstlicher Sonne wiegen sich die Pflanzen im Wind. Hier wirken sie ganz friedlich, andernorts stiften sie Unfrieden. Über gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP) wird viel gestritten. „Das sind oftmals rein theoretische Debatten. Wir kommen nur weiter, wenn wir den Leuten zeigen, worum es dabei geht“, erläutert Dr. Uwe Schrader seinen Besuchern. Er ist ehrenamtlicher Vorsitzender von Innoplanta e.V. und agrarpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt. Begeistert steht er in seinem Schaugarten vor großen Maispflanzen und erläutert die Geschichte der Pflanzenzüchtung.
Auf insgesamt 1,2 der gut 500 Hektar des wunderschönen Stiftungsgutes Üplingen GbR befindet sich seit diesem Sommer der Schaugarten Üplingen. Die landwirtschaftlichen Gebäude aus dem 18. Jahrhundert sind liebevoll wieder hergerichtet. Ihre hellen Mauern leuchten in der Herbstsonne. Im Schatten steht idyllisch ein John Deere-Schlepper. Ein guter Ort, um Leute von einer guten Idee zu überzeugen?
Über dem Eingang zum Schaugarten hängt ein großes Schild „Biotech-Farm“. Doch im Schaugarten werden nicht nur GVP ausgestellt. Besuchergruppen haben von Juni bis September die Möglichkeit, sich ganz allgemein über Pflanzenzüchtung zu informieren. Dabei sind sowohl traditionelle als auch gentechnische Zuchtverfahren zu besichtigen. Die Finanzierung des Schaugartens erfolgt über die Ausstellerfirmen. Öffentliche Gelder seien nicht geflossen, versichert der Innoplanta-Fachmann und ehemalige Landesbauerngeschäftsführer Karl-Friedrich Kaufmann. Betreiber ist die Biotech Farm GmbH & Co KG mit Sitz in Üplingen (siehe Kasten).
Monsanto und BASF
Auf dem Gelände des Schaugartens sind aktuell fünf verschiedene GVP zu finden: MON810, die einzige in Deutschland und der EU angebaute gentechnisch veränderte Pflanze. Die Maissorte NK603, zugelassen in der EU für den Import und die Verarbeitung. Und ein herbizidresistenter gv-Mais, der entsprechend dem mit ihm gemeinsam eingesetzten Herbizid „Roundup“ auch als
„RoundupReady“ bezeichnet wird. Alle gv-Maissorten stammen von dem US-Biotechkonzern Monsanto. Dazu kommt die gentechnisch veränderte Amflora-Stärkekartoffel, sowie einige gegen den Phytophtera-Pilz resistente Speisekartoffeln - beide von der BASF entwickelt. Zum direkten Vergleich stehen neben den gv-Pflanzen konventionelle und ökologische Sorten. Um die Vielfalt landwirtschaftlicher Nutzpflanzen zu demonstrieren, können die Besucher im hinteren Bereich des Gartens weitere Kulturen besichtigen. Sonnenblumen, Zuckerhirse, Öllein, Miscanthus, Sudangras und Hanf sind hier zu finden. „Der enthält aber kein THC“, betont Dr. Schrader, „eignet sich aber sehr gut als Pufferpflanze, da er sehr feine Haare hat“. Ob man ihn auch als Mantelsaat für Genmais einsetzen könne, will ein Zuhörer wissen. „Das wäre mal einen Versuch wert“, meint Kaufmann.
Die Berliner Besuchergruppe ist beeindruckt von den Ausführungen der beiden Experten. Sie lassen sich von den Fortschritten durch die Züchtungsmethode Agro-Gentechnik fesseln. Am Beispiel einer Wildkartoffel erläutert Dr. Schrader das Dilemma der klassischen Züchtung: „Wir bräuchten zirka 20 Jahre, um durch natürliche Kreuzung nur die gewünschte Eigenschaft der natürlich in die Sorte vorkommenden Phytophteraresistenz in eine andere Kartoffel einzukreuzen.“ Mit Hilfe der Agro-Gentechnik ginge das viel schneller. Direkt daneben steht bildhaft die transgene resistente Kartoffel. So einfach scheint das zu sein.
Doch die Herren Schrader und Kaufmann finden auch kritische Töne. Sie sprechen sich gegen die Patentierung von Leben aus und bemängeln die Übermacht der transnationalen Saatgutkonzerne wie Monsanto. Auch mit einigen GVP sind sie nicht einverstanden. Schrader findet zum Beispiel das Koppelgeschäft zwischen Saatgut und Pestiziden bedenklich: „Herbizid und Herbizidtoleranz der Pflanze sind nicht geeignet, die Gentechnik attraktiv zu machen“, kritisiert der Agrarexperte. Ob es stimme, dass MON810 einen erhöhten Ligningehalt habe, will ein junger Mann wissen. „Davon weiß ich nichts“, entgegnet Dr. Schrader.
Bald in jedem Bundesland?
Die heutige Besuchergruppe aus Berlin ist die letzte in diesem Jahr. Danach wird abgeerntet. Die Kartoffelpflanzen wurden bereits gespritzt und liegen darnieder. Egal ob gentechnisch verändert oder nicht. Im kommenden Juni öffnet der Schaugarten wieder seine Tore. Mit transgenem Getreide soll es dann auch eine dritte GVP geben. Wie die Vertreter von Innoplanta e.V. berichten, gibt es bereits Expansionspläne. Die Bundesministerien für Landwirtschaft, Forschung und Wirtschaft hätten bereits signalisiert, einen solchen Garten in jedem Bundesland einzurichten. Die Debatte um die Chancen und Risiken der Agro-Gentechnik wird weitergehen. Im Streichelzoo für GVO.
Dieser Artikel erschien im GID 190.