Erstaunlich Paradox
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- 29 April 2013
Zum Abschluss des Gorleben-Untersuchungsausschusses könnten die Meinungen über das Erlebte in Beschreibung, Analyse und Schlussfolgerungen zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen unterschiedlicher kaum sein. CDU/CSU und FDP lehnten eine ausgewogene Darstellung der Fakten ab, daher ist bereits vor vier Wochen ein gemeinsamer Feststellungsteil des Abschlussberichtes gescheitert. Die Erfahrung der letzten Wochen im Untersuchungsausschuss zeigt, dass die Koalition im Fall Gorleben nicht nur keine Fehler eingestehen will, sondern sogar die letzten 35 Jahre in einer geradezu peinlichen Art und Weise beschönigend darstellt - mit dem Ergebnis: in Gorleben sei alles prima, sogar vorbildlich gewesen.
Dies lässt allerdings das Schlimmste fürchten für die derzeitigen Planungen eines neuen Endlagersuch-Verfahrens. Während Bundesumweltminister Altmaier (CDU) mit SPD und Grünen einen Endlagersuchkompromiss ausarbeitet, geben seine Fraktionskollegen aus dem Untersuchungsausschuss der Atomindustrie schon mal die Vorlage, mit der diese gegen den neuen Kompromiss oder zumindest gegen die Übernahme der damit verbundenen Kosten klagen können.
CDU: Gorleben unvergleichlich schön
Kernstück des Entwurfs eines Endlagersuchgesetzes ist ein Standortvergleich, bei dem Gorleben ebenfalls dabei sein soll. CDU/CSU und FDP haben 30 Jahre lang gegen den Standortvergleich argumentiert. So begründen sie in ihrem brandaktuellen Abschlussbericht des PUA, weshalb ein Vergleich von anderen Standorten mit Gorleben sich geradezu verbietet. Im Zusammenhang mit einer früheren Standortstudie von 1995 schreiben sie: „Für den Standort Gorleben konnte man auf konkrete Felduntersuchungen aus bereits seit 16 Jahren laufenden Erkundungen zurückgreifen. Aufgrund dieses unterschiedlichen Erkenntnistiefgangs konnten keine sinnvollen Vergleiche mit dem Salzstock Gorleben gezogen werden.“
Auch an anderer Stelle hat die Koalition bereits ihre Meinung begründet, weshalb ein Standortvergleich nicht sinnvoll ist. Der einzige Grund, weshalb Altmaier sich dennoch darauf einlässt, ist vermutlich der Grund „Akzeptanz zu schaffen“. Geologisch oder wissenschaftlich sehen CDU/CSU und FDP nicht die Notwendigkeit, Standorte zu vergleichen, sondern sie meinen sogar, Standorte ließen sich gar nicht vernünftig vergleichen, weil sie so unterschiedlich sind.
Sondervotum der Opposition
In den zurückliegenden drei Jahren Ausschussarbeit hat die Opposition aufgrund der Aktenlage einiges an Erfahrung gesammelt, was sie nun in ihrer Analyse als höchst kritikwürdige „Methode Gorleben“ in circa 650 Seiten Bericht ausführlich beschrieben und benannt hat. Am Ende einer solchen Arbeit steht in guter Tradition das Kapitel „Lessons learned“. Die Oppositionsfraktionen haben ein solches gemeinsames Kapitel geschrieben. DIE LINKE, die nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass sie dafür steht, das Kapitel Gorleben ein für alle Mal zu schließen, weicht innerhalb der Opposition in diesem Punkt von den gemeinsamen Schlussfolgerungen ab:
„An Gorleben erhitzen sich die Gemüter seit 35 Jahren. Einen solchen Zankapfel in einem neuen Suchverfahren zu belassen, entzieht jedem neuen Gespräch die Grundlage. Die Bewertungen von CDU/CSU und FDP sind entlarvend. Der Untersuchungsausschuss Gorleben hat für DIE LINKE gezeigt, dass CDU/CSU und FDP in der Gorleben-Frage die Lügen der Vergangenheit fortsetzen wollen. Allein dieser Streitpunkt würde ein neues Gespräch grundsätzlich bestimmen und der Kampf um Gorleben würde sich fortsetzen. Zudem darf den massiven Interessen, insbesondere von Seiten der Industrie, an Gorleben festzuhalten, in einem neuen Suchverfahren keine Chance gegeben werden. Es ist nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE. ein Akt der Vernunft, Gorleben aus dem Verfahren zu nehmen, um die Voraussetzung für einen neuen Aufbau von Vertrauen in der Bevölkerung zu schaffen.“ (siehe auch Broschüre der Fraktion DIE LINKE zur Bilanz des PUA)
Über den Gesamtbericht des Untersuchungsausschusses wird es im Juni eine Bundestags-Debatte geben. Zeitgleich wird ein Endlagersuch-Gesetz verabschiedet. Doch wenn CDU und CSU der Meinung sind, dass in Gorleben alles super gelaufen ist, wird es für sie dann nicht heißen: "Weiter so" mit der „Methode Gorleben“, jedenfalls solange sie die parlamentarische Mehrheit anführen? Diese Frage ist ungeklärt und dies ist keine gute Voraussetzung, um den großen "Konsens" über die Zukunft des hochradioaktiven Atommülls zu erarbeiten.
Weitere Informationen zum Endlagersuchgesetz:
In der aktuellen Gorleben-Rundschau begründet die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, weshalb sie keinen Sitz in der neu einzurichtenden Enquete-Kommission in Anspruch nehmen will. Kritik am Endlagersuchgesetz haben auch die Deutsche Umwelthilfe (Hintergrundpapier) und ausgestrahlt geäußert.