Luftverkehrsabgabe - wenig öko aber sinnvoll
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25 August 2010
Die Luftverkehrsabgabe ist ein älteres Projekt, eine sinnvolle Maßnahme und leider im Kern nicht ökologisch. Ursprünglich war die Luftverkehrsabgabe als eine Ökosteuer angedacht,
die nach französischem Vorbild in Dritteweltländern einen Ausgleich für unsere relativ hohen Verschmutzungsraten herstellen und z. B. die Bekämpfung der Malaria finanzieren sollte. Dieser Ausgleich ist heute nicht mehr vorgesehen, das eingenommene Geld soll jetzt im Haushalt versickern. Sie wurde von der Koalition aus den Schubladen geholt und ist plötzlich ein Teil des Sparpakets. Die Mechanik, mit der sie umgesetzt wird, funktioniert analog zur ursprünglichen Ökosteuer. Mit dieser Abgabe, die vom Verbraucher beim Bezahlen des Flugtickets erhoben wird, sollen Kurz- und Mittelstreckenstreckenflüge innerhalb Europas und nach Nordafrika mit rund 13 Euro belastet werden. Für Langstreckenflüge wird das Doppelte fällig. Kinder unter zwei Jahren, die noch keinen eigenen Sitzplatz in Anspruch nehmen, sind von ihr befreit, wie auch Privatflugzeuge und der Frachtverkehr.
Die Beträge dieser Steuer haben eine ähnliche Höhe, wie die Ticketverteuerung, die durch die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel ab 2012 zu
erwarten ist. Sie soll allerdings, wenn die Lenkungswirkung eingetreten ist, mit ihr verrechnet werden.
Insgesamt sollen Mehreinnahmen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr erzielt werden. Dem steht erst mal nichts entgegen. Die Sanierung des Haushaltslochs ist eine der Kernaufgaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperioden. Sich der Staatsverschuldung zu stellen ist notwendig. Bedauerlich ist nur, dass dieses
offenbar wirkungsvolle Steuerinstrument erst heute angewendet wird.
Die Ticketabgabe ist Teil eines Gesamtpakets, dass in Zukunft die Gewinne der Luftverkehrsbranche empfindlich schmälern wird. Ein anderer, wesentlicher Teil
ist der Emissionshandel. Allerdings gehen alternative Verkehrsexperten davon aus, dass die Einbeziehung der Luftfahrt in den Emissionshandel ab 2012 kaum
Lenkungswirkungen haben wird, da die Obergrenzen viel zu lasch angesetzt wurden.
Denn im Vergleich zu anderen Verkehren wurde in der Vergangenheit die Luftfahrtindustrie zu wenig besteuert. Dabei handelt es sich hier um eine besonders umweltschädliche Art der Fortbewegung, die eine denkbar schlechte Umweltbilanz hat. Es gab zunehmend verdeckte staatliche Subventionen; so müssen im Vergleich zu Sportfliegern die Luftfahrtunternehmen keine Kerosinsteuer zahlen. Die Lobby der kontinuierlich wachsenden Vorbildbranche hat hier gute Arbeit geleistet.
Jahr für Jahr steigen die Passagierzahlen, viele Billigflieger leben von Wochenend-Kurztrips nach Barcelona oder Paris. Gerade diese Segmente haben nichts mehr
mit nachhaltiger Mobilität zu tun. Wer so verkehrt, muss dafür tiefer in die Tasche greifen müssen. Denn der stetig wachsende Luftverkehr ist mittlerweile eine wichtige Treibhausgasquelle. Dabei zahlen die Kosten des Klimawandels vornehmlich jene, die ihn nicht verursacht haben – die Länder des Globalen Südens. Dies wiederum ist unsozial und unökologisch zugleich. Darum ist eine Ticketabgabe auch aus Sicht der LINKEN im Grundsatz eine richtige Entscheidung.
Zu kritisieren ist jedoch, dass die Steuer nur für den Passagierverkehr, nicht aber für den stetig wachsenden Luftfrachtverkehr gelten soll. Zudem müssten auch
Privatjets zahlen, denn die Luxusfliegerei hat je Personenkilometer einen deutlich höheren CO2-Ausstoß als der Transport von vielen Menschen in Großraumflugzeugen. Ferner sollten First Class-Reisende mehr zur Kasse gebeten werden als einfache Fluggäste. Vor allem aber sollten Inlandsflüge stärker besteuert werden als vorgesehen, um den Konkurrenzvorteil zur umweltfreundlichen
Bahn zu kompensieren. Wiegt man hier die tatsächliche Zeitersparnis mit den Umweltbelastungen (Klima, Lärm) gegeneinander auf, so gibt es kaum Argumente,
innerhalb der Bundesrepublik das Flugzeug zu benutzen. Und schließlich sollte die Ticketsteuer nicht abgesenkt werden, wenn der Flugverkehr in den Emissionshandel einbezogen wird. Denn die Kombination beider Instrumente könnte tatsächlich dazu beitragen, das Wachstum des Flugverkehrs abzubremsen.
In den letzten Tagen kam es vermehrt zu Presseerklärungen der, neben Branchenvertretern, sprachen sich auch Gewerkschafter, sozialdemokratische Regionalpolitiker, Vertreter der Tourismuswirtschaft sowie die üblichen
Verdächtigen der Luftfahrtverbände gegen die Ticketabgabe aus. Ihre massiven Proteste basieren auf dem Argument des Beschäftigungsverlustes und beinhalten
tatsächlich die Angst vor Gewinnverlusten. Sie errechneten unter anderem, dass eine durchschnittliche Familie 120€ mehr für Flugtickets im Jahr ausgeben würde. Das ist ein Satz für Mobilität, den kaum eine HartzIV-Familie insgesamt für Mobilität im Jahr aufbringen kann.
Wenn die Ticketabgabe durchgesetzt ist, und die Fluggastzahlen tatsächlich zurückgehen würden, wäre das Lenkungsziel des Finanzministeriums als „ökologische Finanzabgabe“ erreicht. Das wäre nur zu begrüßen, denn Verkehrsvermeidung und eine neue, umweltfreundliche Mobilität sind dringend notwendig. Die befürchtete Verlagerung von Flugreisen ins Ausland - das Horrorszenario: Abzug von rund fünf Millionen Passagieren ins Ausland - ist hingegen eine Nebelkerze. Denn abgesehen von wenigen in Grenzregionen lebenden wird wohl kaum jemand mit der Bahn ins Ausland fahren, um von dort abzuheben. Unter Nachhaltigkeit stellt sich die LINKE wirkungsvolle Regulierungen der CO²Emittenten vor. Der aktuelle Protest verdeutlicht, dass das hier der Fall ist.
von Tanja Girod