Lkw-Kolonnen sind eine Last!
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- 26 Oktober 2012
- von Sabine Leidig
Rede von Sabine Leidig in der Debatte über die Antwort zur Großen Anfrage der SPD "Zukunft des Maut-Konzepts in Deutschland" (Drs. 17/11098).
Redetext
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ich bin ein bisschen unzufrieden mit dieser Großen Anfrage, weil sie vor allen Dingen darauf fokussiert, wie man den Güterverkehr am Rollen halten kann. Ich glaube, dass ein großer Teil der Güterverkehre überhaupt nichts mehr mit dem Wohlstand und der Lebensqualität der Bevölkerung zu tun hat.
(Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Ah ja! Gewagte These!)
Ein großer Teil findet zwischen einzelnen Betriebsteilen großer Firmen statt. Ein anderer Teil entfällt auf den Austausch von Waren derselben Qualität: Milcherzeugnisse im Wert von 5 Milliarden Euro werden eingeführt; gleichzeitig werden Milcherzeugnisse im Wert von 4 Milliarden Euro ausgeführt. Alles findet mit Lkws statt. Das ist nichts, was wir wünschenswert finden.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN; Oliver Luksic (FDP): Wir sind Exportweltmeister!)
Die Lkw-Kolonnen sind eine Last. Heutzutage fühlt sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung durch Verkehrslärm und Folgen des Güterverkehrs beeinträchtigt.
Die Maut ist bei weitem nicht hoch genug das ist völlig klar , und das sagen selbst die Studien aus dem Verkehrsministerium. Heute werden 18 Cent pro Kilometer auf der Autobahn bezahlt. Allein die Wegekosten, also die Kosten für Bau und Erhalt von Straßen, betragen 30 Cent pro Kilometer. Wir fordern, dass die Maut sofort auf diese Höhe angehoben und auch auf die Bundesstraßen ausgedehnt wird; das ist das Mindeste.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Auf Feldwege!)
Aber eigentlich geht es darum, die Maut für Lkws so zu erhöhen, dass schrittweise wirklich die gesellschaftlichen Folgekosten damit bezahlt werden können. Worum geht es dabei? Es geht um Unfälle, um Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung, um Lärmerkrankungen, um Klimaschäden. Das alles kostet nicht nur Lebensqualität, sondern das kostet auch Geld, das die ganze Gesellschaft aufbringen muss. Die EU-Kommission hat Szenarien entwickelt. In einem Szenario hat sie nur einen kleinen Teil dieser Folgekosten einbezogen. Schon dann, wenn man nur diesen kleinen Teil einbezieht, müsste die Straßennutzungsgebühr verdoppelt werden.
Interessant ist, dass die Transportgewerbetreibenden auf ihrem Gipfel vor zwei Wochen selbst gesagt haben, dass es kein Problem ist, die Maut zu erhöhen, dass man dann eben die Kosten auf diejenigen überwälzen muss, die den Gewinn davon haben.
Die EU-Kommission hat auch ein Maximumszenario aufgestellt, und das finde ich ganz bemerkenswert: Darin sind unter anderem auch die Staukosten berücksichtigt. Dabei kommt die EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass nicht 18 Cent pro Kilometer der angemessene Preis wäre, der für die Lkws entrichtet werden müsste, sondern 3 Euro pro Kilometer.
Es ist so, dass bis zu dieser Summe gesellschaftlich draufgelegt wird, und das ist eine ziemlich unmittelbare Subvention der Global Player.
(Oliver Luksic (FDP): Weltverschwörung!)
Schauen wir uns einmal an auch das hat die EU-Kommission in ihrer Studie gemacht , wie es sich in Europa ausgleichen würde, wenn man die Maut tatsächlich anheben würde: Einnahmen würden natürlich vor allen Dingen dort anfallen, wo viel Lkw-Verkehr durchrauscht, nämlich in Deutschland, in Frankreich, in der Schweiz, in Österreich, eben in den Ländern, die zentral liegen. Wenn man dann gegenrechnet, was die eigenen Verkehrsunternehmen in anderen Ländern zahlen müssten, kommt man zu dem Ergebnis, dass 20 bis 23 Milliarden Euro jährlich zusätzlich in den Bundeshaushalt fließen würden.
Ich fände es wirklich gut, wenn die Bundesregierung sich mit entsprechenden Plänen beschäftigen würde. Damit könnte sie die Tradition der früheren Verkehrsminister brechen und einen neuen Weg einschlagen. Es geht darum, einen Plan zu machen, wie man tatsächlich zu einer solchen Anrechnung der gesellschaftlichen Kosten kommt. Mit den Einnahmen würden wir zum Beispiel solche Unternehmen fördern, denen es gelingt, Wertschöpfungs- und Lieferketten zu organisieren, die mit möglichst wenig Transporten und möglichst wenig Materialaufwand die Güterversorgung sicherstellen.
In diesem Sinne: Weniger Verkehr ist mehr.
(Beifall bei der LINKEN)