Merkels Blick durch die Windschutzscheibe

Treffen-mit-MerkelMerkel hatte mehr offizielle Treffen mit der Autoindustrie als mit allen Gewerkschaften zusammen und dreimal soviele wie mit den Umweltverbänden: Ihre Perspektive auf Deutschland richtet sich einseitig auf die Unternehmen - Mensch und Umwelt kommen dabei zu kurz

In dieser Legislaturperiode traf sich die Kanzlerin 33 mal mit Vertretern der Autoindustrie, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht (mehr dazu hier). Wir fragten nach, wie es bei den Vertretern von Gewerkschaften, Betriebsräten, Umwelt- und Verkehrsverbänden und anderen Organisationen aussah: Immerhin gab es ein Treffen mit Betriebsräten der Autoindustrie und 30 Treffen mit Gewerkschaften und dem Beamtenbund. Damit haben die Vertreter von über 7,4 Mio. Mitgliedern, den Beschäftigten aus allen großen Branchen dieses Landes, im Kanzleramt weniger zu melden als Daimler, BMW & Co. Die Umweltverbände wurden immerhin elf Mal geladen – obwohl auch ihre Anliegen größere Bedeutung für die Zukunft haben und von mehr Menschen geteilt werden.

 

Der öffentliche Verkehr war im Kanzleramt nur durch die Deutsche Bahn AG vertreten (7 Treffen mit der Kanzlerin), andere Unternehmen und Verbände, die sich für mehr als den Autoverkehr einsetzen (ADAC – 3 Mal bei der Kanzlerin) wie VCD, ADFC, und Fahrgastverbände trafen sich kein einziges Mal im Kanzleramt.

Die Kanzlerin hat die Richtlinienkompetenz in der Regierung und muss daher vor allem das große Ganze im Blick haben, die strukturellen Probleme angehen und langfristige Lösungsstrategien entwickeln. Von den Autokonzernen ist dazu kein substanzieller Beitrag zu erwarten, ihre Interessen, die vor allem auf Status Quo gerichtet sind, sind im Wirtschaftsministerium gut aufgehoben.

Frau Merkel sollte sich daher mehr Zeit für die Akteure nehmen, die eine klare Veränderungsperspektive für dieses Land haben und die Probleme wirklich angehen wollen.

>> Antwort auf die schriftliche Frage zu Treffen des Kanzleramtes mit weiteren Akteuren (pdf 3,9 MB)