Die Linke verknüpft soziale und ökologische Frage und entwickelt sich – gemeinsam mit Initiativen – programmatisch weiter

Bericht vom Sozial-ökologischen Ratschlag Hessen

Gut 80 Leute kamen am letzten Freitag (8.Dez.) in Frankfurt zusammen, als die LINKE Hessen einen ganzen Tag Zeit lang gemeinsam mit Initiativen und Verbänden über Möglichkeiten beriet, wie Hessen in eine sozialere und ökologischere Zukunft geführt werden könnte.

Diskutiert wurde sowohl über bereits konkret ausgearbeitete Konzepte – wie etwa einen Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr oder ein flächendeckendes kostenloses Schulessen –, als auch über harte Brocken, wie etwa die Entvölkerung des ländlichen Raumes bei gleichzeitiger Mietenexplosion in den urbanen Zentren, wo die Konzepte noch einigen Konkretisierungsbedarf aufweisen. Thema war zudem die für einen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft zwingend notwendige Konversion der Industrie, sowie die Frage, wie in Hessen die Energiewende gemeinsam vorangebracht werden kann.

Diskutiert wurde leidenschaftlich in sechs thematisch ausgerichteten Workshops. Den Auftaktvortrag hielt Prof. Markus Wissen zur "imperialen Lebensweise". Eingeladen hatten die Linksfraktionen im Bund sowie im Land Hessen, die sich nun bemühen, die vielen guten Ratschläge auch in ihre parlamentarische Arbeit einzubeziehen.

Download Einladungsflyer

 

Sozial-ökologische Transformation – wie geht das?

Auftaktvortrag: Prof. Dr. Markus Wissen (Powerpoint des Vortrages)

  vortrag

 

 

   

 

 

 

Video: Imperiale Lebensweise - Die Verursachung der ökologischen Krise ist eine soziale Frage - Prof. Dr. Markus Wissen beim Klimacamp im Rheinland (2016)

 

Übersicht über die sechs Workshops

1. Energiewende

workshop energieSinnbild für den Klimaschutz. Aber wie können wir sie schneller umsetzen und sozial verträglich gestalten? Wie kann das große Potenzial der Energieeinsparung besser genutzt werden, ohne (neue) soziale Verwerfungen hervorzurufen? Viele statt vier! Wie ist es möglich große Konzernstrukturen in demokratische kommunale „Bürgerenergie“-Projekte umzubauen?

Gäste/Expert*innen:

Steffen Kühne (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Referent für sozial-ökologischen Umbau)

Dr. Werner Neumann (BUND Hessen)

Vorschläge und Diskussionkarte energie

  • Energiebilanz von Produkten ausweisen
  • Transformation selber gestalten
  • Umweltkrise als Einstieg in Kapitalismuskritik
  • Mieterstrom
  • private unkomplizierte Photovoltaikanlagen
  • Energiegenossenschaften von unten
  • Illegalisierung von eigener Stromeinspeisung bekämpfen
  • EEG stornieren
  • Notwendigkeit von Energiewende vermitteln - Ängste nehmen
  • landeseigenes Gewerbeflächenmanagement
  • Nicht Ideologisieren - Offenheit
  • Sparen als Gewinn
  • Vernetzung der Windkraftbefürworter
  • Energiemanagement für landeseigene Gebäude

Kontroversen

  • Energetische Gebäudesanierung -->Drittelmodell?
  • Konsumverhalten ändern? Tabubruch?
  • Energieeinsparung
  • Sozial-ökologischer Umbau vs. grüner Kapitalismus?
  • Zusammen statt Gegeneinander?

Wesentliche Themen/Probleme

  • Braunkohleweltmeister
  • Privatisierung der Paketdienste als soziales und ökologisches Problem
  • Wie kann der Verbrauch reduziert werden - Verbot überflüssiger Produkte?
  • lediglich teilweise Stromwende
  • Gerechtigkeitskonflikte
  • Teilweise gesellschaftliche Ablehnung von Windenergie
  • schlechte Arbeitsbedingungen in erneuerbarem Sektor
  • internationale Perspektive
  • Wie kommen wir zu einer "kritischen Masse"?

 

2. Zukunft der Industrie

zukunft industrie

Wie geht sozial-ökologische Transformation der Industrie? Wie ist gute Arbeit zu sichern und zu schaffen? Was kann von Politik, Unternehmen und Gewerkschaften getan werden? Was kann Industriepolitik leisten? Welche Rolle spielen Konsument*innen?

Gäste/Expert*innen:

Michael Erhardt (IG Metall Geschäftsstelle Frankfurt)

Prof. Markus Wissen (HS für Wirtschaft und Recht Berlin)

Vorschläge und Diskussion

Wesentliche Punkte:

  • Sozial-ökologischer Umbau geht nicht ohne die Machtfrage zu stellen
  • Was soll unter welchen Bedingungen produziert werden?
  • Demokratisierung
  • Wie gestalten wir die Transformation so, dass Menschen in Lohn und Brot bleiben

Kontrovers:

  • Einkommen aus a) Arbeit b) Grundeinkommen
  • Fahr/Verbote
  • Depriviligierung

Verabredungen/Ergebnis:

  • Lernen von Stuttgart

Vorschläge:karte zukunft industie

  • Arbeitszeitverkürzung
  • Internationale Dimension
  • Zusammenwirken alter und "neuer" Bewegung
  • Gesellschaftliche Bedarfe
  • ermitteln Gebrauchswertorientierung
  • Mitbestimmung erweitern
  • Steuerreform - weg von der Besteuerung von Arbeit zu von Ressourcen
  • örtliche Wirtschaftsförderung
  • staatliche Rahmensetzung
  • attraktive Gegenerzählungen
  • Konversion

 

3. Landwirtschaft und Ernährung

ernaehrungDie ökologische Landwirtschaft darf nicht der Sonderweg bleiben. Sie muss zum Standard werden. Aber wie kann die Umstellung auf naturverträgliche Landwirtschaft und die regionale Vermarktung gelingen? Wie können wir den Kampf für ein kostenloses Schulessen gemeinsam voranbringen? Welche Rolle spielen Boden- und Wasserschutz sowie Bodenrecht und Eigentum?

Gäste/Expert*innen:

Karin Binder (ehem. MdB, Verbraucherpolitik)

Benjamin Luig (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Dialogprogramm Ernährungssouveränität)

Anne Noetzel (Agraringenieurin, Kassel/Witzenhausen)

Vorschläge und Diskussionspunkte

  • Stärkung ländlicher Raum
  • Verteilung von Förderung 
  • Erhaltung von ökologischen Standards
  • Einhaltung von ökologischen Standards

Input Anne Nötzelkarte ernaehrung

Solidarische Landwirtschaft:

  • Verbindliche Abnahmemengen
  • Verbindliche Sicherstellung des Einkommens

Entwicklung ökologischer Landbau:

  • 7.5% der Fläche (1,2 Mio. ha), Hessen 12,6%
  • 27000 Betriebe (8,8% der Betriebe), Hessen 2855 (Landbau + Verarbeitung)

Uni Kassel/Witzenhausen: 

  • Gründungen durch Absolventen
  • Umstellungsgruppe 6-8 Höfe pro Jahr
  • Internationale Perspektive
  • politische Arbeit

Input Benjamin Luig

EU Agrarpolitik Permanenter Reformprozess ca. 20 Mrd. Volumen

  • 80% Entkoppelte Direktzahlung, Zahlung nach Größe
  • kaum ökologische Standards
  • 20% zusätzliche Fördermittel "Spielraum"
  • Fördersumme 100 Millionen/ Jahr/Hessen

Wesentliche Themen/Probleme:karte ernaehrung 2

  • Förderung von Ungleicheit
  • Deregulierung --> Milchquote, Zucker??
  • Überproduktion, Preisdruck + Weltmarkt
  • Arbeitsbedingungen
  • 300.000 Wanderarbeiter, Migranten
  • Umgehung Mindestlohn
  • Fehlender Arbeitsschutz
  • Lieferketten
  • Konzentration der Verarbeitung
  • Geringe Umweltstandards

Input Karin Binder

  • Beitragsfreies Schulessen
  • Viele Alleinerziehende
  • Kosten für Umsetzung 8 Mrd., Folgekosten 70 Mrd.3/4 Bund, 1/4 KommunenFehlernährung -->
  • ernährungsbedingte Krankheiten
  • Förderung regionale Wirtschaft
  • Erfahrungsproduktion, Produktion und Zubereitung

Verabredungen und Akteure

  • Solidarische Ernährung in die Kreisverbände
  • Konferenz in Nordhessen

 

4. Mobilität

ratschlag mobilitaetWir suchen Auswege aus der Automobilgesellschaft für mehr Lebensqualität in Stadt und Land. Kann ein „Nulltarif im ÖPNV“ hier eine Schlüsselrolle spielen? Welche Ideen zur Förderung von Rad- und Fußverkehr gibt es? Und wie schaffen wir Mobilität für Alle – mit weniger Verkehr?

Gäste/Expert*innen:

Sabine Leidig (MdB, verkehrspolitische Sprecherin)

Dr. Bernhard Knierim (Bündnis Bahn für Alle)

Jan Schalauske (Landtagsabgeordneter, DIE LINKE. Hessen)

Themen/Probleme Hessen

  • Straßennetz +70%
  • Schiene -50%, weniger Bahnhöfe, weniger Personal
  • 1/3 der Emissionen motorisierter Individualverkehr
  • Stickoxydbelastung in den Städten
  • gesundheitliche Belastung trifft die Armen
  • Auto Statussymbol

Vorschläge/Forderungen

  • Raumstruktur entwickeln
  • Verkehrsvermeidung
  • homeoffice fördern
  • Car Sharing fördern
  • Kleinbusverkehr ausbauen
  • Ladeinfrastruktur für kleinere E-Autos fördern
  • O-Tarif ÖPNV schreittweise einführen
  • Sozialticket (Hartz IV ua)
  • Kostenfreies SchülerInnenticket
  • Ökostrom bei ÖPNV zwingend
  • Verkehr reduzieren vor allem in Städten bedeutet mehr Lebensqualität
  • Flächen in der Stadt gehören allen

Bahn:

  • 50% der Flüge auf die Bahn verlagern
  • Reaktivierungen Schienennetz in Stadt und Land
  • Integration Nah- & Fernverkehr
  • Bessere Anbindung kleinerer Städte --> Interregiozüge

Fahrrad:

  • "Fahrradgerechtigkeit" bessere Radwege auch auf der Fahrbahn
  • Bedingungen für Fahrräder verbessern
  • Nicht nur Fahrradwege ausweisen, auch auf deren ... Zustand achten (Belag, ...)
  • Kontroversen

O-Tarif:

  • Alternative vergünstigtes Bürgerticket
  • Ziel ist nicht die Verlagerung von Fuß auf ÖPNV
  • Straßen und Parkplätze reduzieren
  • karte mobilitaetCarsharing z.T. kritisch

Vorschläge/Forderungen/Ideen

  • citizens science nutzen 
  • Aktionen, die Drive reinbringen
  • Autofreie Innenstädte?
  • Autofreie Straßenachsen
  • Preispolitik öffentlicher Verkehr
  • Gehwegparken abschaffen
  • Internalisierung externer Kosten
  • Freier Verleih von Lastenrädern
  • Kurzstreckenflüge verbieten
  • Keine PKW zum privaten Gebrauch?
  • weniger/schmalere Autoparkplätze
  • Güter auf Schiene und Schiffe
  • Entschleunigungen

Verabredungen/Akteure

  • Wo machen wir die Aktionen?
  • Gegner Bezug herstellen
  • O-Tarif in anderen Ländern
  • Beschäftigte sind unsere Bündnispartner
  • Beispiele andere Städte für Fahrradgerechtigkeit
  • Changing Cities e.V.

 

5. Regionalplanung und Wohnenwohnen

Schrumpfende Dörfer mit der Erosion der Infrastruktur in den ländlichen Räumen und das Wachstum und die Verdichtung der Ballungsräume mit steigenden Mieten, sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Welche Wege müssen eingeschlagen werden, um dieser scheinbar unausweichlichen Entwicklung zu begegnen? Wie können wir die Flächenversieglung stoppen? Wie kommt die Arbeit (wieder) zu den Menschen? Wie ermöglichen wir die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes, ohne Belastung und Verdrängung von Mieter*innen?

Gäste/Expert*innen:

Conny Petzold (AK Kritische Geographie, Goethe-Universität Frankfurt)

 

Wesentliche Themen

  • Wohnraummangel, Verdrängungskämpfe permanente Konflikte
  • Bevölkerungsrückgang, Leerstand und Überalterung
  • solidarische Wohnungspolitik - wie geht das? Bezahlbarer Wohnen
  • kommunaler Wohnungsbau arbeitet auch gewinn- und nicht bedarfsorientiert
  • Wohnzungsbaugesellschaften agieren profitorientiert, Wohnungen fallen aus der Mietpreisbindung
  • Zuzug in die Metropolräume
  • Wohnraum versus Neuversiegelung
  • Enormer Bedarf an Sozialwohnungen (in Ffm 49% Berechtigte)
  • FFM wirbt aktiv um Firmenansiedlungen --> Bevölkerungszuwachs und Wohnungsmangel

Vorschläge und Diskussionspunktekarte wohnen

  • Kontingente für besondere Gruppen --> Haftentlassene, Frauenhaus, Menschen ohne Obdach
  • Quote für Sozialwohnungen bei allen Bauprojekten
  • Situation auf dem Land: keine Arbeitsplätze, kein ausreichender ÖPNV, keine Ärzte, Apotheken etc., kein Internet
  • Stadtplanung nicht den Investoren überlassen
  • Leerstand kriminalisieren
  • Bodenstiftung -->Vergabe nur im Erbbaurecht mit ökologischen Kriterien
  • besondere Aufgaben der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften betonen
  • Sozialbindung auf Dauer gesetzlich regeln
  • Fast ausschließlich investorengetriebener Wohnungsbau
  • Deeitiger Wohnungsbau verschärft die soziale und ökologische Krise
  • Luxusleerstand versus Zwangspäumungen und überfüllte Notunterkünfte
  • es gibt "best practise" Beispiele für gute Wohnungsbaugenossenschaften


Kontroversen/Übereinstimmungen

  • Arbeit 4.0 als Chance gegen Wohnraummangel?
  • Nutzung des öffentlichen Raums ermöglichen
  • Kommunale Wohnungsbauunternehmen Teil des Problems und der Lösung (Quoten, Bindung)
  • Stiftung in der kommunales und Landeseigentum versammelt wird gründen?
  • Öffentliche Nahverkehrskonzepte ohne Monopolorientierung (Tangenten)
  • in konkrete Wohnungskämpfe unterstützend eingreifen
  • Entbürokratisierung der Fördermittelbeantragung

Verabredungen und Akteure

  • öffentliche Flächen nicht mehr verkaufen, nur noch Erbbaurecht

  

6. Flughafen Frankfurtflughafen

Wie muss ein zeitgemäßes Entwicklungskonzept für den Frankfurter Flughafen aussehen, um dessen Mobilitätsfunktionen für Menschen und Wirtschaft raumverträglich zu erreichen? Wie kann die Verlagerung von Flügen auf Züge umgesetzt werden? Wie können Lärmschutz und Nachflugverbot durchgesetzt werden?

Gäste/Expert*innen:

Jörg Cezanne (MdB, DIE LINKE)

Knut Dörfel (AK Fluglärm und Umwelt)

Dr. Winfried Wolf (Journalist, Bahnexperte) 

Wesentliche Themen

  • Ultrafeinstaub
  • Fluglärmgesetz
  • Verdreifachung Weltflugverkehr
  • Wachstum Flugverkehr --> Klimabelastung
  • Binnenflugverkehr
  • Flughäfen defizitär/subventioniert - Billigairlines
  • Korruption / Schmiergelder
  • Krankheitskosten
  • Planfeststellungsbeschluss --> GRÜNE verlieren Glaubwürdigkeit
  • (kein) Einblick in Konsertialvertrag
  • Arbeitsbedingungen problematisch
  • Montagsdemonstrationen Terminal 1
  • Was geschieht mit der Wut der Menschen?
  • BIs in schwieriger Situation
  • Belegschaften, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen
  • Flugsteig 6 Terminal 3
  • Sozialmonitoring

Vorschläge und Diskussionspunkte

  • mehr "Klinkenputzen"
  • Lärmentgelte erhöhen
  • dem Lobbyismus auf der europäischen Ebene entgegentreten
  • Klimabelastung - Flugverkehr deutlich reduzieren
  • Negative Beschäftigungseffekte

Verabredungen und Forderungenkarte flughafen

  • Kontakt Bürgerinitiativen S21 - Flughafen - "Kultur des Widerstands"
  • Gesamtbelastungsstudie
  • integriertes Umweltmonitoring (externe Kosten erfassen)
  • Schadstoffkataster weiterentwickeln
  • vorhandene Studien zusammenfassen
  • Fluglärmreduzierung
  • Gesundheit
  • Soziale Entwicklung
  • öffentlich-rechtlichen Anteil thematisieren
  • Flüge auf die Züge (Nachtzüge)
  • Recht auf Unverletzlichkeit der Person

 

 

 

 

 

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