Dorothée Menzner in Japan: 14.02.2012: von Tokyo nach Kobe: Wirtschaftsministerium und Yakuzza
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- 14 Februar 2012
Danach fahren wir zum Wirtschaftsministerium, das für die Entwicklung aber auch die Aufsicht über die Atomkraftwerke zuständig ist. Die Aufsicht soll demnächst endlich einer eigenen und unabhängigen Behörde übertragen werden, aber in Kraft ist dieses Gesetz noch nicht.
Seit dem 11.09.2012 campen AktivistInnen in Protestzelten vor dem Ministerium. Ich glaube, eine solche Aktion ist ein Novum in dem sonst so obrigkeitshörigen Land. Die Zelte stehen auf dem öffentlichen Bürgersteig, und obwohl dieser der Stadt gehört, wurden sie bis heute nicht geräumt und viele BürgerInnen unterstützen ihre Aktion - kommen vorbei, informieren sich oder bleiben für einige Stunden oder auch Tage. Ich bin fasziniert von der Entschlossenheit der Aktiven, dem Wissen, das sie sich über kürzeste Zeit angeeignet haben und dem Widerstandsgeist - einer Eigenschaft, die in Japan bis März letzten Jahres nicht sonderlich verbreitet war.
Sie berichten, dass sie immer wieder dem Terror und den Angriffen von Faschisten ausgesetzt sind. Japanische Faschisten und die Yakuzza, die japanische Mafia, kooperieren eng bzw. sind teilweise personenidentisch. Und die Aktivisten bestätigen das, was ich schon gelesen hatte, nämlich dass die Yakuzza im Wesentlichen die Organisation ist, die die Leiharbeiter für die japanischen AKW rekrutiert - auch jetzt für die Aufräum- und Sicherungsarbeiten in Fukushima. Die Yakuzza macht also selbst an der Katastrophe noch Gewinn - auf Kosten der Allgemeinheit und der Ärmsten der Armen, die sich aus ökonomischer Not oder sonstigen Abhängigkeiten für solch einen Job rekrutieren lassen.
Solch ein Geschäftsmodell wird natürlich nicht freiwillig aufgegeben. Atommafia und wirkliche Mafia kooperieren. Wieso hatte ich eigentlich die Illusion, dass es doch anders sein könnte?
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