Das Wasser gehört dem Volk

Was hat das Wasser mit großen internationalen Wirtschaftskonzernen zu tun? Nichts, denn Wasser ist kein Wirtschaftsgut und keine Ware für profitable Geschäfte. Da sind sich Zivilgesellschaft und Politiker, sofern diese einigermaßen Lobby-unabhängig sind, weltweit einig.

Auf dem UN-Weltgipfel 2002 in Südafrika vereinbarten die Regierungschefs, dass 80 Prozent der Weltbevölkerung bis 2015 Zugang zu sauberem Trinkwasser haben sollen. Die Vereinten Nationen gossen diese Forderung im Sommer 2010 in Zement, indem sie den Zugang zu sauberem Wasser als Menschenrecht festschrieben. Laut Weltwasserbericht 2012 ist, man höre und staune, dieses Ziel heute schon erreicht.
So weit so gut, nun zur Realität:

Trotz schöner Worte und Statistiken lebt ein Drittel der Menschheit, vor allem in den Entwicklungsländern, mit unzureichenden sanitären Einrichtungen, und das Trinkwasser ist knapp. Internationale Experten stehen mit Lösungsvorschlägen bereit. Und genau hier beginnt das Problem. Während der ehemalige UN-Generalsekretär Boutros Ghali bereits 1985 warnte, dass die Kriege der Zukunft um Wasser geführt werden, hörte sich das 15 Jahre später in dem US-Wirtschaftsmagazin FORTUNE ganz anders an: Gewinne wie mit Öl im 20. Jahrhundert, versprechen dort die Analysten für die nächsten Jahrzehnte im Geschäft mit dem Wasser, welches, trotz aller politischen Beteuerungen, längst vom Gemeingut zum Spekulationsobjekt geworden ist. Liberalisierung des Wassermarktes bedeutet nichts anderes, als das Wasser durch die Hintertür doch zur Ware für Milliardengeschäfte zu machen.

 

In Brüssel wird seit Jahren über die Modernisierung des Vergaberechts diskutiert. Es geht um dringend notwendige Vereinfachung und weniger Bürokratie, die klein- und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu öffentlichen Aufträgen erleichtern sollen. Dazu übergab der zuständige EU-Wettbewerbsrat vor zwei Monaten dem europäischen Parlament ein ganzes Paket von Regelungen zum Vergaberecht, aber auch zu Konzessionen, zur Beschlussfassung. Gemeinhin folgt das Parlament den Empfehlungen, da sitzen schließlich die Fachleute. Doch aus dem Paket schaut bei genauem Hinsehen ein Pferdefuß. Denn mit der geplanten Richtlinie könnten zwar Gemeinden selbst die Dienstleistungen wie etwa die Wasserversorgung noch erbringen, aber bei Gemeindekooperationen oder ausgelagerten Gesellschaften wird es schon kritisch, denn dann sollen die europäischen Wettbewerbsregeln gelten. Wohin das führt, ist bekannt: Schlechtere Wasserqualität und höhere Preise. Die Kommunen müssten Einschränkungen ihres Selbstverwaltungsrechts hinnehmen, und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten werden erfahrungsgemäß auch nicht besser.

War sich die Welt nicht eben noch einig, dass Wasser keine Marktware, sondern ein Menschenrecht ist? Aber so ist das mit den Menschenrechten, sie müssen immer wieder hart erstritten werden. Und das Wasser muss gegen Übergriffe kapitalistischer Profitinteressen verteidigt werden.

Auch in Europa, und ebenso in Deutschland, wird versucht, die kommunale Wasserversorgung weiter auszuhebeln. Der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier bestreitet zurzeit medienwirksam, dass die Vorschläge der EU zwangsläufig zu einer Privatisierung führen. Da hat er sogar insoweit recht, dass dies nicht automatisch und zwangsläufig passieren muss – dennoch, die Gefahr besteht. Privatanbieter, die vor allem Gewinne erwirtschaften wollen, stehen in den Startlöchern.

In Portugal stieg der Preis nach der Wasserprivatisierung um das 4-fache, Griechenland wird es nicht anders gehen. Privatisierung bedeutet, der Wasserpreis könnte künftig von Börsenkursen abhängen, Wasser könnte ein Exportschlager werden und was die bunte Palette des Marktes noch alles bietet.

Gewerkschaften, Städte- und Gemeindebund, Landkreistage und Abgeordnete verschiedener politischer Parteien melden ihre Bedenken an. Wir LINKE sagen ein klares Nein zur Wasserprivatisierung und zu dieser EU-Richtlinie, bis dafür die Hintertür fest vermauert ist.

Und für alle, die gegen eine Wasserprivatisierung etwas tun wollen:
Es gibt eine europaweite Bürgerinitiative, die für alle Menschen in Europa einen garantierten Zugang zu Wasserversorgung und sanitärer Grundversorgung fordert.

Hier unterschreiben heißt, linke Forderungen bei der EU für ganz Europa einzufordern. Bis Ende September 2013 müssen eine Million Unterschriften aus mindestens sieben unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten gesammelt werden.