Agrargenossenschaften – eine demokratische Alternative zu landwirtschaftlichen Kapitalgesellschaften?
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- 15 April 2016
Niedrige Erzeugerpreise, explodierende Bodenpreise und viel (berechtigte und unberechtigte) öffentliche Kritik machen zurzeit vielen Agrarbetrieben das Leben schwer. Nicht wenige geben auf, wenn auch mit Selbstausbeutung die Defizite nicht mehr ausgleichbar sind. Der Erhalt der ortsansässigen Landwirtschaft als regionale Versorger ist längst kein Selbstläufer mehr.
Neben der Bedrohung durch Handels-, Saatgut-, Molkerei- und Schlachthofkonzerne oder Bodenspekulationen gibt es ein weiteres akutes Risiko, besonders in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern: kapitalstarke, oft landwirtschafts- und/oder ortsfremde Investoren, die meist über Anteilskäufe die Mehrheit oder gleich den ganzen Betrieb übernehmen. Mit diesen völlig neuen Akteuren ist eine ferngesteuerte Filiallandwirtschaft auf dem Vormarsch, die zu ernsthaften Konsequenzen führt, denn die Fremdbestimmung auf den Feldern entfremdet die Landwirtschaft vom Dorf, Einkommen und Gewinne fließen ab. Verlierer der Entwicklung sind die Menschen, die vor Ort leben und deren Einfluss- und Beteiligungsmöglichkeiten schwinden.
Neben der Frage nach neuen gesetzlichen Regelungen gewinnt daher die Diskussion über Alternativen wieder an Aktualität. Deshalb lud die Bundestagsfraktion DIE LINKE. am 24. März ins Wittstocker Rathaus und rund 40 Teilnehmer nutzten die Möglichkeiten, über Agrargenossenschaften nicht aus nostalgischer Sicht sondern als eine demokratische Alternative zu dieser Entwicklung zu diskutieren.
Kirsten Tackmann hatte dazu mit dem langjährigen Präsidenten des mitteldeutschen Genossenschaftsverbandes, Dietmar Berger, einen Experten zu diesem Fachgespräch eingeladen. Berger betonte in seinem einführenden Vortrag den Gemeinschaftsgedanken der heute noch existierenden knapp 1.000 Agrargenossenschaften, in denen Beschäftigte, aber auch Landbesitzerinnen und -besitzer solidarisch und demokratisch die betrieblichen Entwicklungen bestimmen. Nicht Gewinnmaximierung, sondern der in der Satzung definierte Förderzweck steht im Vordergrund, wie die Sicherung von Arbeitsplätzen und die nachhaltige Bewirtschaftung des Bodens. Feindliche Übernahmen sind bei Agrargenossenschaften selten, wie gerade bei der Diskussion einer Studie zu den ortsfremden Kapitalbeteiligungen dargestellt wurde. Und wenn doch, werden sie schnell in eine andere juristische Form umgewandelt. Das zeigt, dass Agrargenossenschaften keine Türöffner für Kapitalgesellschaften sind, wie manchmal behauptet. Im Gegenteil. DIE LINKE unterstützt eine Allianz der ortsansässigen Landwirtschaftsbetriebe – egal ob Familienbetrieb oder Agrargenossenschaft.
Das Genossenschaftsprinzip ist übrigens gar keine sozialistische Erfindung, sondern eine viel ältere deutsche Errungenschaft, so Berger. Die Schulze-Delitzsch – Gesellschaft hat daher vor zwei Jahren bei der UNO beantragt, den Genossenschaftsgedanken zum Weltkulturerbe zu erklären. Kirsten Tackmann betonte, es sei Aufgabe der LINKEN das Thema Agrargenossenschaften auch im Westen stärker zu diskutieren, denn im Gegensatz zu Handels- oder Verarbeitungsgenossenschaften fremdeln dort noch viele mit Agrargenossenschaften. Zu Unrecht.