Wo bleibt die Schäferei bei der EU-Agrarreform?

Lange wurde in Brüssel über die Verteilung der Fördermittel in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum diskutiert. Die EU-Mitgliedsstaaten haben hart um eigene Gestaltungsspielräume gerungen. Die Bewertung des Ergebnisses fällt je nach Interessenlage unterschiedlich aus. Für seine Gesetzesvorlage hat Agrarminister Schmidt selbst aus der eigenen Fraktion harsche Kritik einstecken müssen.

DIE LINKE kritisierte unter anderem, dass die Bundesregierung nichts für die Weideschaf- und Ziegenhaltung tut. Mit der Agrarreform 2005 wurden an bestimmte Produktion gekoppelte Fördermittel abgeschmolzen und schrittweise auf die Förderung pro Hektar Landwirtschaftsfläche der Betriebe umgestellt. Damit entfiel auch die an die Produktion gekoppelte Mutterschafprämie. Viele Schäfereien haben aber keine oder nur wenig eigene oder gepachtet Flächen. Beweidung ist oft Dienstleistung. Daher steht ihnen ohne die Flächenprämie das Wasser bis zum Hals. Die niedrigen Erlöse aus Fleisch und Wolle reichen nicht zum Überleben. Die Folgen sind alarmierend sinkende Schafbestände, Personalabbau und kaum auskömmliche Einkommen. Dabei leistet dieser Jahrtausende alte Berufsstand wesentliche Beiträge für den Hochwasserschutz, das Landschaftbild und für die biologische Vielfalt. Gerade für den Hochwasserschutz ist die Beweidung der Deiche sehr wichtig. Bei den letzten Hochwassern sind nicht beweidete Deichabschnitte wesentlich häufiger durchweicht oder gebrochen. Doch in manchen Bundesländern reichen schon jetzt die Schafherden nicht mehr für die Deichpflege.

Es besteht eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Schäferei und Kulturlandschaft. Wertvolle Biotope, wie Heiden oder Trockenrasen werden durch die Beweidung mit Schafen und Ziegen erhalten. Wobei Ziegen gegen die Verbuschung der Offenlandschaft besonders wichtig sind. Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege sind so die Haupteinnahmequellen für die Schäfereien und diese sprudelt nicht üppig. Im Gegenteil, in den meisten Teilen des Landes sinken die geplanten Landschaftspflegemittel kontinuierlich.

Im Brandenburger Landtag wurde mit einem fraktionsübergreifenden Antrag auf die Misere der Schaf- und Ziegenhaltung reagiert. Wir LINKEN fordern seit Jahren eine Mutterschafprämie, damit die Schäferei nicht endgültig zum Verlierer der Agrarreform wird. Mit irreversiblen Folgen für die Kulturlandschaft.

Günter Czerkus vom Bundesverband der Berufsschäfer wird am 7. April 2014 auf Initiative der LINKEN als Sachverständiger dem Agrarausschuss Rede und Antwort stehen. Er schreibt in seiner Stellungnahme: „Der vollständige Verzicht auf gekoppelte Prämienzahlungen gefährdet in hohem Maße gesellschaftlich besonders nützliche Wirtschaftsweisen wie z. B. die Schaf- und Ziegenhaltung und die Mutterkuhhaltung. Ähnlich wie in Frankreich ist die Bewirtschaftung von absoluten Grünlandstandorten alleine durch den Verkauf der Urprodukte wirtschaftlich nicht tragfähig – auch dann nicht, wenn man die bestehende Agrarförderung einbezieht.“


Die Stelungnahmen der Anhörung am 7.4.2014 finden Sie hier. Eine Pressemitteilung von MdB Dr. Kirsten Tackmann vom 7.4.2014 zur Anhörung ist hier zu finden.