54 zu 53 – Märkische LINKE gegen Braunkohle
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- 20 Februar 2012
Der Landesverband der Brandenburger LINKEN hat sich gegen neue Braunkohletagebaue und -kraftwerke ausgesprochen. Auf einem Landesparteitag in Blossin stimmten die Delegierten für den Antrag „Für eine zukunftsfähige Energiepolitik“, welchen die Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt gestellt hatte. Das Ergebnis war denkbar knapp: 54 Fürstimmen standen 53 Gegenstimmen gegenüber. 13 Delegierte enthielten sich.
Damit setze sich der kohlekritische Trend im Landesverband fort. Bereits während einer Tagung des 2. Landesparteitages sprachen sich im März 2011 ca. 40 Prozent der Genossinnen und Genossen gegen CCS aus und stimmten einem Antrag der Linksjugend [´solid] zu (Antrag A 10 alternativ). Dieser Erfolg wurde nun in Blossin ausgebaut. Keine neuen Tagebaue, kein Neubau eines Braunkohlekraftwerkes, keine Nutzung von CCS und keine übermäßigen Energieexporte, so lässt sich der Beschluss des Parteitages zusammenfassen. Bemerkenswert ist nicht nur die kontinuierliche Entwicklung kohlekritischer Positionen im Landesverband während der vergangenen fünf bis zehn Jahre. Auch die Vehemenz, mit welcher gegen den Antrag der Umwelt-AG gesprochen wurde, bleibt in Erinnerung. In der einstündigen Energiedebatte am Samstagabend sprachen viele GenossInnen von der Basis für den Antrag, zwei MinisterInnen und die Landtagsfraktionsvorsitzende jedoch gegen ihn. Es wurde sogar auf die Koalitionsgefährdende Wirkung einer eventuellen Antragsannahme hingewiesen. Umso bemerkenswerter ist, dass der Landesparteitag sich nicht davon abbringen ließ, dem Antrag zuzustimmen.
Zum Antrag der AG Umwelt (A2) wurde im Vorfeld des Landesparteitages ein Gegen-Antrag (A8) eingebracht. Die beiden Anträge wurden jedoch nicht alternativ abgestimmt, sondern nacheinander. Das hatte zur Folge, dass beide angenommen wurden. Der Antrag A8 erhielt eine deutlichere Zustimmung als der A2. Er ergänzt Inhalte des Antrages A2 in den Bereichen „Erneuerbare Energien“ oder „Kommunale Energieversorgung“, fasst jedoch auch teilweise widersprüchliche Aussagen. Da der Antrag A8 weder eine Aussage über CCS, neue Tagebaue oder neue Braunkohlekraftwerke enthält, sondern Braunkohle nur schwammig als „Brückentechnologie“ bezeichnet, kann er nicht als Aufweichung des A2 verstanden werden. Entsprechende Interpretationen waren im Anschluss an den Landesparteitag zu hören, beispielsweise in der PNN. Einzig in der Frage des notwendigen Energieexports, scheinen sich die beiden Anträge zu widersprechen. Während im A2 gefordert wird, dass „Brandenburg sich nicht langfristig als Stromexportland verstehen darf“ und sich „auf die Energieproduktion für die Region Berlin-Brandenburg“ zu konzentrieren habe, wird sich im A8 zu Brandenburg als „Stromexportland“ bekannt. Dies treffe nicht nur auf Berlin, sondern auch die angrenzenden Bundesländer und Polen zu. Forderte die märkische LINKE bisher einen mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohlevertromung bis zum Jahr 2040, hat sie nun durch die Annahme des Antrags A8 den „schnellstmöglichen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung“ als Ziel beschlossen.
Wie weiter?
Der knappe Beschluss des Landesparteitages ist ein Signal, dass es energiepolitisch nicht mehr so weiter gehen kann, wie bisher. Wie wichtig das Signal war, zeigt die schnelle Reaktion der Staatskanzlei. In einer Pressemitteilung wurde sofort auf die Gültigkeit des Koalitionsvertrages verwiesen, welcher jedoch von niemandem grundsätzlich in Frage gestellt worden war.
Fest steht: Im Gegensatz zu früheren Positionierungen der märkischen LINKEN, haben die kohlekritischen Stimmen klar zugenommen. Es handelt sich nicht mehr um eine Minderheit aus Jugendverband, Umweltbewegten oder Betroffenen aus der Lausitz oder Märkisch-Oderland. Kritik kam von Delegierten aus allen Landesteilen. Bereits in der Generaldebatte wurde von einem Genossen aus der Uckermark der Unsinn überzogener Stromexporte angesprochen. So leitete er eine denkwürdige Energiedebatte auf dem Landesparteitag ein, welche mit der Zustimmung zum Antrag A2 endete.
Damit hat die märkische LINKE den Spielraum für das nächste Landtagswahlprogramm im Bereich Kohle/CCS bereits abgesteckt. Deutliche kohlekritische Töne müssen darin gefunden werden. Bis zur Wahl im Jahr 2014 sollte bei allen energiepolitischen Entscheidungen in Partei, Fraktion und Landesregierung die Meinung des Landesparteitages im Hinterkopf behalten werden. Ein einfaches „weiter so“ kann es nicht geben.
Beide Beschlüsse (A2 und A8) sind hier zu finden.