Glyphosat: Wenn Unkrautkiller nicht nur Unkraut killen
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- 5 Oktober 2015
„Wahrscheinlich krebserregend“. Das ist das vernichtende Urteil der Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) über den Pestizid-Wirkstoff Glyphosat. Dabei handelt es sich um ein so genanntes Totalherbizid, das beispielsweise in Monsanto´s RoundUp enthalten ist. Alle Pflanzen, die mit ihm in Berührung kommen und nicht gentechnisch resistent gegen Glyphosat gemacht wurden, sterben ab.
Viele Jahre galt Glyphosat als verhältnismäßig umweltfreundlich. Die deutschen Behörden, vorneweg das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), sehen das im Gegensatz zur IARC noch heute so. Deutschland ist der berichterstattende Mitgliedsstaat, der im Wiederzulassungsprozess von Glyphosat für die Risikobewertung zuständig ist. Es muss die Frage beantwortet werden, ob das Gift weitere zehn Jahre eingesetzt werden darf oder nicht. Die Empfehlung des BfR: weitere Nutzung unbedenklich! Nach Sichtung von 1.000 Beiträgen empfahl es sogar die täglich duldbare Aufnahmemenge von 0,3 mg/kg auf 0,5 mg/kg zu erhöhen.
Dafür gab es in einer Anhörung im zuständigen Fachausschuss des Deutschen Bundestages am 28.09.2015 von einigen der eingeladenen Expert_innen heftigen Widerspruch. Sie warnten vor gesundheitlichen Gefahren durch den Wirkstoff.
Prof Dr. Karen Friedrich, Toxikologin und Expertin für öffentliche Gesundheit aus Brasilien, warnte eindringlich vor der weiteren Verwendung des Wirkstoffes und empfahl ein Glyphosat-Verbot in der EU. „Glyphosat wird mit mehreren Gesundheitsstörungen in Verbindung gebracht, wie z.B. Störungen des Hormonsystems, Nierenschädigung, Entwicklungs- und Reproduktionstoxizität sowie Auswirkungen auf das Immunsystem,“ erklärte Friedrich. Nicht nur die Anwender seien gefährdet, sondern auch Anwohnerinnen und über die Lebensmittel auch Verbraucherinnen. Das gilt nicht nur für Brasilien, sondern auch in Europa haben Menschen offensichtlich trotz viel strengerer Anwendungsvorschriften häufiger Kontakt zu Glyphosat, als man denkt. So wurde im Rahmen einer kleinen Studie vom BUND Glyphosat im Urin etlicher Großstädter gefunden. Selbst das BfR hält dieses Ergebnis für plausibel. Die Linksfraktion fordert ein umfassendes Human-Monitoring.
In einem Antrag haben wir im vergangenen Jahr Beschränkungen der Zulassung des Wirkstoffes gefordert. So soll der Verkauf an Privatpersonen sofort beendet und die Anwendung vor der Ernte untersagt werden. Die Kritik an der Stellungnahme des BfR muss lückenlos aufgeklärt werden – auch im Interesse des BfR.
Grundsätzlich zeigt der Fall gravierende Defizite im EU-Zulassungsverfahren. Viele Studien werden von der Industrie vorgelegt und sind nicht öffentlich zugänglich und überprüfbar. In der Regel wird lediglich der Wirkstoff bewertet und nicht das Pflanzenschutzmittel. Verstärkende Risiken oder Landzeitwirkungen werden gar nicht berücksichtigt.
Wir sehen es wie die IARC: Nur veröffentlichte, unabhängige Studien sollten Grundlage der Zulassung sein. Zu ihrer Finanzierung sollte die Industrie in einen Forschungsfonds einzahlen, über den die Zulassungsbehörden die Studien in Auftrag geben. Transparenz schafft Vertrauen – auch beim Pflanzenschutz.