Linksfraktion twittert von Anhörung zur EEG-Novelle
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- 3 Juni 2014
- von Eva Bulling-Schröter
Erstmals hat Die Linke aus dem Wirtschaftsausschuss eine Expertenanhörung live per Twitter mitverfolgt. Am Ball war beim komplizierten Thema Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) unser twitternder Referent für Energiepolitik Uwe Witt, der die Fragen der Bundestagsabgeordneten und Expertenantworten beinahe im Minutentakt an die interessierte Öffentlichkeit weitergab und so für schnelle Informationen und Transparenz im Erneuerbaren-Dschungel sorgte.
Darüber, wie es mit der Energiewende weitergehen wird, diskutiert derzeit der Bundestag. Die Novellierung des von der Bundesregierung vorgeleten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist in dieser Sitzungswoche Thema einer zweitägigen öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie im Bundestag. Das Fazit der ersten fast sechstündigen Expertenrunde am Montag, den 2. Juni, fasste unser Energiereferent in nur wenigen Zeichen zusammen: "Diejenigen, die die Energiewende bislang getragen haben, werden nun ausgegrenzt - die BürgerInnen". Denn in der Tag bergen neue EEG-Regelungen große Unsicherheiten für die erfolgreiche Fortführung der Energiewende. Denn der Kabinettsentwurf von SPD und Union zur Reform des Ökostrom-Gesetzes führt mit der sogenannten "Marktintegration der erneuerbaren Energien" Direktvermarktung und verpflichtende Ausschreibungen für Erneuerbare-Energien-Projekte ab 2017 ein, und das bei gleichzeitiger Begrenzung des Ausbaus für Wind, Solar und Biogas.
Falsche Weichenstellungen
Natürlich waren nicht alle geladenen Experten und Interessen- sowie Umweltverbände in ihren zahlreichen Stellungnahmen der selben Ansicht wie Prof. Dr. Uwe Leprich vom Institut für ZukunftsEnergieSysteme. So sei der geplante Zwang zur Direktvermarktung für die Produzenten von Ökostrom eine falsche Weichenstellung, wurde der von Die Linke eingeladene Experte für Energiewirtschaft getwittert: "Bürgerenergien nicht in Vermarktung hetzen! EU-Spielraum ausnutzen." Höhere Kosten könnten durch die ab 2017 geltende Umstellung auf Direktvermarktung entstehen. Kritisch sieht Leprich auch die Einführung verpflichtender Ausschreibungen, bei der die Produktion von Ökostrom aus Wind und Sonne künftig per Bieterverfahren an den günstigsten Anbieter vergeben werden soll. Entgegen der Hoffnungen aus dem von SPD-Minister Sigmar Gabriel geleiteten Wirtschaftsministerium würden Ausschreibungen gerade kein Instrument für höhere Kosteneffizienz sein, da Einsparungen durch höhere Transaktions- und Finanzierungskosten konterkariert würden und damit sogar in ihr Gegenteil umschlagen würden. Bisherige europäische Erfahrungen mit Ausschreibungen, pflichtete Jörg Müller vom Windanlagenbetreiber Enertrag AG bei, würden keinen Vorteil dieses Instruments zeigen. Stattdessen sei es zu steigenden Risikoprämien, Projektausfällen und einer Begünstigung großer Unternehmen gekommen. Außerdem sei eine wirtschaftlich sinnvolle Vermarktung fluktuierender Energie ohne Speichermöglichkeit, wie es nun einmal bei Wind und Sonne der Fall ist, praktisch nicht möglich.
"Marktintegration" gefährdet Energiewende
Die erste Runde der Expertenanhörung zeigte auch, dass der Skandal der Industrieprivilegien unter Schwarz-Rot in die nächste Runde geht. Demonstrativ stellt sich die große Wirtschaft hinter die Politik der Großen Koalition, wirbt der Ausschußvorsitzende Ramsauer (CSU) mit deren Zufriedenheit, die "Besondere Ausgleichsregelung" mit Samthandschuhen angefasst zu haben. Doch bleibt es nicht nur dabei, dass es die kleinen Haushalte sind, welche unverhältnismäßig stark für die Energiewende zur Kasse gebeten werden, während sich die Industrie aus der Verantwortung stiehlt. Mit der "Marktintegration" der Erneuerbaren Energien haben sich Sigmar Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jetzt auch noch auf die Fahne geschrieben, dass der Markt schrittweise das Kommando der Energiewende übernehmen soll. Nach dem Willen von Rot-Schwarz entscheiden also zunehmend Börse und Wettbewerb über die Zukunft unseres Energiemixes. Auch wird die Reform im undemokratischen Eiltempo durchs Parlament gepeitscht: Einwände der Länder im Bundesrat wurden durch das Gabriel-Ministerium herrisch vom Tisch gewischt. Über Bedenken der Städte, Kommunen sowie der Mehrheit der Interessenverbände wird hinweggegangen. Der klare Angriff auf die Bürgerenergie wird mit dem Argument gefahren, dass die Kosten für Erneuerbare aus dem Ruder laufen. Dabei begünstigt sind weiter die Großen, die nur 1,3 Prozent der Energiewende-Umlage mittragen. Die übrigen Stromverbraucher aber haben jährliche Mehrkosten von 5,1 Milliarden Euro. Darum fordert DIE LINKE in einem eigenen Antrag die Rücknahme der geplanten EEG-Reform und einen neuen Gesetzesentwurf, der unter anderem die unberechtigten Industrierabatte abschafft, auf Direktvermarktung, Ausschreibungen und Ausbaukorridore verzichtet und die EEG-Vergütungen für eine sozial abgesicherte Energiewende anpasst