125 Millionen Euro "E-Auto"-Subvention für Autokonzerne

Im Rahmen des Regierungsprogramms Elektromobilität und der Nationalen Plattform Elektromobilität wurde breit diskutiert, welche Bundesmittel für Forschung, als Kaufprämie oder anders bereitgestellt werden sollen (siehe "Bundesregierung macht E-Mobilität zur Gelddruckmaschine für Autokonzerne" und "Subventionsforderungen der Autoindustrie in Milliardenhöhe sind unverschämt"). Nun zeigt die Antwort auf eine Kleine Anfrage der LINKEN, dass im Rahmen des Konjunkturpaketes bereits 125 Mio. Euro geflossen sind - für z.T. völlig unsinnige Projekte wie den EBoxter von Porsche. Diese Zahlen sowie die weiteren Antworten zeigen noch ein mal, worum es der Bundesregierung geht: Um die Förderung der deutschen Autoindustrie und nicht um Klimaschutz und eine dringend notwendige Verkehrswende.

Die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Leidig dazu: "Hier werden vergoldete Feigenblätter gefördert, während das Hauptgeschäft der Autoindustrie weiter geht, ohne dass nach wirklichen Antworten auf die Herausforderungen von Klimawandel und steigendem Ölpreis gesucht wird.“

 

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Regierungsprogramm Elektromobilität“ (BT-Drs. 17/6434)


Erläuterungen zur Antwort der Bundesregierung
von Tobias Schulze, Referent für Forschungs- und Technologiepolitik
Diese Erläuterungen als PDF-Dokument (2 Seiten, 16kB)

1.
Die Regierung beantwortet die Frage nach der Zusammensetzung der „Nationalen Plattform Elektromobilität“ (NPE) nicht, die die Förderpolitik der Bundesregierung für Elektroautos vorbereitet hat. Das holen wir gern nach. Von 147 Mitgliedern wurden 110 aus der Industrie entsandt, 22 kommen aus der Wissenschaft, 7 aus Verwaltungen und ähnlichen Behörden wie DEKRA, 3 aus Gewerkschaften und lediglich 5 bringen die Expertise aus Umwelt-, Verbraucherschutz- und Verkehrsverbänden ein. Im Lenkungskreis waren überhaupt keine Vertretungen aus Nichtindustriekreisen vertreten. Es verwundert daher, dass die Bundesregierung diese Zusammensetzung als „ausgewogen“ bezeichnet hat. Weniger überrascht, dass TeilnehmerInnen die Plattform als „Subventionsmaschine der Industrie“ bezeichnet haben. So sagte etwa Regine Günther (WWF) über den Bericht: “Er ist fast ausschließlich ein Industriepapier, in dem sich die beteiligten Industriezweige ihren Subventionsbedarf selbst errechnet haben. Wir lehnen es entschieden ab, auf dieser Basis über die Förderung von Elektrofahrzeugen zu reden. Wir können der Bundeskanzlerin nur empfehlen, den Bericht nicht zur Grundlage politischer Entscheidungen zu machen.” (Presserklärung vom 14.05.) Kerstin Haarmann vom Verkehrsclub Deutschland, ebenfalls Mitglied der NPE, erklärte: „Der Lenkungskreis legte mehrfach Einzelmaßnahmen und Themen fest, noch bevor die Unterarbeitsgruppen entsprechende Vorschläge unterbreiten und diskutieren konnten. Der Verband der Deutschen Automobilindustrie hatte bereits zuvor Stellung genommen, obwohl er gar nicht Mitglied der entsprechenden Arbeitsgruppe war. Auch die Ausrichtung der Terminierung einzelner Arbeitsgruppensitzungen am Genfer Autosalon illustriert das Selbstverständnis der NPE als interne Veranstaltung der Autoindustrie.” PE vom 16.5. Trotz dieser Probleme erklärt die Bundesregierung die Struktur der NPE in der Antwort auf die KA als Erfolgsmodell und will diese in der bisherigen Zusammensetzung beibehalten.

2.
Bereits im Rahmen des Konjunkturpaketes der Bundesregierung wurden Aktivitäten der Industrie im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen gefördert. Unbekannt war jedoch die Dimension, die erstmals im Zusammenhang dargestellt wird: Hauptprofiteur ist Daimler. Allein diese Firma erhielt 63,89 Millionen Euro. Es folgen BMWmit 26,83 Millionen, Volkswagen mit 17,62 Millionen und Ford mit 4,66 Millionen Euro. In kleinerem Umfang gingen auch Zuwendungen an die Hersteller von Bussen, LKW, Landmaschinen und mit Storck auch an einen Fahrradproduzenten. Insgesamt summieren sich die Subventionen an Fahrzeughersteller im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen auf mehr als 125 Millionen Euro. Die deutsche Automobilindustrie ist trotzdem bis heute nicht einer Lage ein vollelektrisches Fahrzeug sowie einen bezahlbaren und wirtschaftlichen Hybridantrieb im PKW-Bereich zu produzieren.

3.
Im Rahmen dieser Förderung sind fragwürdige Einzelprojekte finanziert worden. So erhielt Porsche bisher 1,9 Millionen Euro von 2,88 Mio. Gesamtmittel für den Bau von drei Demonstrationsmodellen des „E-Boxster“. BMW wurden 1,04 Millionen Euro für die Entwicklung eines Faltrades bewilligt, obwohl diese Räder seit längerem am Markt sind. Die Bundesregierung begründete die Förderung damit, dass es als spezielles Produkt zur „ständigen Mitführung im Pkw“ gedacht sei. Neben einem veränderten Faltmechanismus und dem Laden des Fahrrads in den PKWsollten auch Navigationsdaten vom Auto in das Fahrrad übertragen werden. Die Bundesregierung bestätigte zudem, dass in zwei parallel laufenden Projekten (BMU und BMVBS) die Umrüstung von Bussen mit Hybridantrieb gefördert werden, von denen nur eines den Betrieb mit einem geschlossenen Partikelfilter gesetzlich vorschreibt.

4.
Die Bundesregierung hat im „Regierungsprogramm Elektromobilität“ die von den Automomobilherstellern geforderten Kaufprämien explizit nicht ausgeschlossen. Es könne unter bestimmten Bedingungen notwendig sein, „zusätzliche monetäre Maßnahmen“ zur Reduzierung „der im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen höheren Gesamtkosten von Elektrofahrzeugen“ zu ergreifen. Aktuelle Pläne dazu hat die Bundesregierung in der Antwort dementiert, was angesichts eines nicht existierenden Angebots deutscher Hersteller nicht verwundert. Trotzdem kündigte sie im Regierungsprogramm weitere Subventionen für die Hersteller im Umfang von einer Milliarde Euro im Bereich von „marktorientieter FuE von batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen“ an. Damit solle FuE „zeitgleich mit dem Produktionshochlauf in einem iterativen Prozess beschleunigt vorangetrieben werden.“ Mit dem Begriff soll offensichtlich eine direkte Unterstützung der  Produktionstätigkeit beschrieben werden. Zur Verteilung dieser Fördermittel machte die Bundesregierung keine Angaben, obwohl die Förderung bereits 2012 beginnen soll und demnach in den in Kürze vorzulegenden Haushaltsentwurf eingehen muss.

5.
Regierung und Industrie vernachlässigen den zentralen Knackpunkt batteriebetriebener Privatfahrzeuge: die öffentlich zugängliche Ladeinfrastrukturen. Beide sehen zunächst keine Bedarf, wollen aber „frühzeitig dieWeichen“ für eine solche Struktur stellen. Die Bundesregierung plant keine gesetzliche Regelung für einen freien Zugang vieler Stromanbieter zu den Ladesäulen und verlässt sich stattdessen auf eine mögliche „Selbstverpflichtung“ der Energiewirtschaft. Diese Selbstverpflichtung haben die Energiekonzerne jedoch im Bericht der NPE unter der Voraussetzung angeboten, dass die Infrastruktur von der öffentlichen Hand zumindest mitfinanziert wird.

6.
Die Bundesregierung will mit dem Haushaltsentwurf 2013, der im Sommer 2012 vorliegen wird, zehn Prozent ihrer beschafften Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß von unter 50g/km ausstatten. Sie hat jedoch keinerlei Vorstellungen darüber, ob die Industrie bis dahin solche Fahrzeuge überhaupt anbietet.

7.
Im „Regierungsprogramm Elektromobilität“ wird behauptet, dass das Automobil vor 125 Jahren in Deutschland erfunden worden sei. Stichwortgeber war offensichtlich die Firma Daimler, die mit dieser Formel derzeit eine PR-Strategie umsetzt. In der Antwort zur Kleinen Anfrage rudert die Regierung denn auch zurück. Das Patent für ein gasgetriebenes Fahrzeug sei „ein wichtiger Schritt zur Entwicklung heutiger Autos“ gewesen. Dampf-, benzin- und elektrogetriebene Automobile hatte es bereits vorher gegeben.


Bericht in der Wirtschaftswoche vom 11.7. 2011: Autokonzerne erhalten 125 Millionen Euro aus Konjunkturpaketen