Ist das jetzt Nano – oder wer ist der Zwerg?
- Details
- 13 Mai 2011
Nano ist griechisch und heißt Zwerg. Und was sind nun Nanostoffe? In der Natur entstehen sie bei hohen Temperaturen wie bei Waldbränden. Aber hier geht es um künstlich hergestellte Nanostoffe. Das sind durch technische Verfahren bis auf wenige Nanometer verkleinerte chemische Stoffe. So wird die Oberfläche der Stoffe im Verhältnis zum Volumen riesengroß und verändert ihre Eigenschaften. Die Strukturen können dabei sehr unterschiedlich sein. Das macht Nanostoffe für neue Produkte so interessant.
Wissenschaftler und Techniker arbeiten an Verfahren, um ganz gezielt passende Nanostoffe für gewünschte Eigenschaften von Produkten herzustellen. Dabei geht es auch um das hehre Ziel, drängende Menschheitsprobleme zu lösen, wie Umweltverschmutzung oder Hunger. Doch bei allem Forscherdrang: Allumfassende Heilsverkündungen haben immer ihren Pferdefuß. Während noch an der Vermeidung und Entsorgung umweltbelastender Stoffen gearbeitet wird, weiß man gar nichts über deren Auswirkungen in Nanoversion. Im Wasser, im Boden und in der Luft können Nanoteilchen vollkommen neuartige, nicht abbaubare Verschmutzungen bilden.
Ein interessanter Gradmesser sind hier die Versicherer, die ja mit dem Risiko Geschäfte machen. Sie fordern strikte Regelungen für Nanostoffe nach dem Vorsorgeprinzip. Das sollte uns dann doch aufhorchen lassen.
Das Grundproblem liegt wie so oft im System selbst. Für die Wirtschaft eröffnet sich mit den Möglichkeiten der Nanostoffe ein riesiger neuer Markt mit gigantischen Gewinnaussichten. Und so sickern immer mehr Produkte mit Nanostoffen fast unbemerkt in unseren Alltag hinein. Sie machen ihn bequemer, sagen die Hersteller. Das Ketschup fließt gefälliger aus der Flasche, Salz klumpt nicht, und anderes wirkt durch Nanostoffe in der Verpackung länger frisch. In Küche und Bad ist alles rein, Textilien und selbst Schuhe riechen nicht nach Schweiß, weil antibakteriell wirkende Nanostoffe fleißig darin arbeiten. Die Fenster müssen nicht mehr so oft geputzt werden, denn das Putzmittel bildet einen schmutzabweisenden Film auf dem Glas.
Bei den Lebensmitteln essen wir die Nanostoffe gleich mit. In anderen Fällen gelangen sie über die Kette Abwasser–Grundwasser–Trinkwasser in unseren Körper. Was sie da tun, ist wenig bekannt. Es gibt Belege für negative Auswirkungen von Nanostoffen auf Kleinstlebewesen in Gewässern und auf das Pflanzenwachstum. Es existiert auch der Verdacht, dass manche der Stoffe krebsauslösend sind. In Untersuchungen werden mögliche nachteilige Wirkungen auf die Gesundheit festgestellt, weil mit nanoversetzten Medikamenten zur besseren Verteilung – quasi Huckepack – auch schädliche Substanzen in die Blutbahn gelangen können.
So betrachtet wirkt das immer schneller werdende Spiel mit den Winzlingen sehr unberechenbar. Fragen drängen sich auf: Was gehört alles unter den Begriff Nanostoffe? Welche Strukturen, Größen und Eigenschaften? Was sollen diese im Einzelnen bewirken? Und was rufen sie vielleicht hervor, was gar nicht gewollt ist? Über die Risiken der neuen Stoffe brauchen wir mehr Wissen für die Festlegung von Grenzwerten und die Schaffung gesetzlicher Regelungen. Der Markt regelt es nicht, da haben die Versicherungen schon recht.
Deshalb hat unsere Fraktion jetzt den Antrag „Wirksamen Verbraucherschutz bei Nanostoffen durchsetzen“ auf den parlamentarischen Weg gebracht.