Bundesregierung hält Kurs, Bürgerenergie wird ausgebootet
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- 10 Juli 2015
Die Bundesregierung übt sich im öffentlichen Schönreden von Ausschreibungen. In ihren Antworten auf eine Kleine Anfrage der LINKEN zu den Ergebnissen der ersten Runde von Photovoltaik-Ausschreibungen lobt die Bundesregierung die ‚breite Beteiligung‘ an der ersten Ausschreibungsrunde, obwohl kein Bürgerenergieprojekt einen Zuschlag bekam. Das ist etwa so wie beim DFB-Pokal: Jeder kann mitmachen, aber am Ende kommen nur die großen Fußballclubs ins Finale. Dem Wirtschaftsministerium genügt anscheinend allein schon die Tatsache, dass Bürgerenergie mitbieten darf.
Doch die Antwort der Bundesregierung ist nicht stimmig. Denn warum setzt sie eine Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium ein, die bereits das Problem „Akteursvielfalt und Bürgerenergie“ diskutiert, wenn alles prima ist? Bald sollen neue Eckpunkte vorgelegt werden. Aber damit löst man das Grundproblem von Ausschreibungen nicht: hohe finanzielle Hürden und Risiken, die finanzstarke Akteure besser bewältigen können – nicht die Bürgerenergie. Auch am Ergebnis, dass bei der ersten Ausschreibungsrunde ein Unternehmen allein 40 Prozent des Ausschreibungsvolumens auf sich vereint, sieht die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der LINKEN offenbar kein Problem: „Die Tatsache, dass ein Unternehmen mit seinen Tochtergesellschaften ein größeres Volumen auf sich vereint, ist vor dem Hintergrund einer Marktstruktur mit Multiprojektbietern nicht überraschend,“ so die lapidare Antwort der Bundesregierung. Die frühzeitigen Warnungen der Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerenergie vor der Umstellung auf Ausschreibungen scheinen sich zu bewahrheiten: Die Großen und Finanzstarken kommen zum Zuge. Doch die Bundesregierung bleibt auf Kurs: Sie nimmt das Problem wahr, hat ihren Kommentatoren aber offenbar verboten, auch nur das kleinste schlechte Wort über Ausschreibungen zu verlieren. Das ist Propaganda vom Feinsten. Und was passiert inzwischen mit der Bürgerenergie? Der Gründungsboom von Energie-Genossenschaften ist vorbei, so eine Studie des Beratungsunternehmens Kienbaum. Dafür sind die EEG-Novellen von 2012 unter Schwarz-Gelb und von 2014 unter Schwarz-Rot verantwortlich. Dabei sind Energiegenossenschaften eigentlich ein Zukunftsmodell, denn sie sind es, die die Akzeptanz der Energiewende tragen. Zudem beruhen sie auf dem Engagement der Bürgerinnen und Bürger, denen es meist nicht in erster Linie um hohe Renditen geht, sondern darum, ihr Geld in eine saubere Zukunftstechnologie zu investieren. Auch über Mieterstrommodelle, die ebenfalls in der Regel auf dem Genossenschaftsmodell basieren, können die Menschen die Energiewende aktiv mitgestalten.Doch nach dem Gründungsboom von 2008 sind ab 2012 die Neugründungen von Energiegenossenschaften rapide zurückgegangen. Auch die Rechtsuntersicherheit, die durch das 2013 novellierte Kapitalanlagegesetzbuch und die jüngste Debatte um das Kleinanlegerschutzgesetz haben zu Verunsicherung geführt. Die Prokon-Insolvenz hat ihr Übriges zur Verunsicherung von Kleinanlegern und Kleinanlegerinnen im Segment erneuerbare Energien getan. Da ist es immerhin ein Trost, dass kürzlich im Ringen um Prokon, die Genussrechteinhaber sich mit großer Mehrheit für die Form der Energiegenossenschaft entschieden haben und nicht für EnBW als Großaktionär. Vermutlich haben die Anleger sich damit für das größere Risiko entschieden, aber für mehr Selbstverantwortung und Demokratie.