Frei handeln für die Zukunft
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- 10 Juni 2014
Spätestens seit 2007 werden auch durch die EU im Namen der Globalisierung Handelshemmnisse und Investitionshindernisse beseitigt. Da die WTO-Verhandlungen stocken, soll das nun über bilaterale Freihandelsabkommen gelingen. Dabei führen multinationale Konzern- und Wirtschaftslobbyisten so deutlich die Feder, dass Scott Sinclair, von der LINKEN benannter Experte aus Kanada in der Anhörung im Agrarausschuss zu CETA (EU-Kanada-Freihandelsabkommen), von Abkommen „der neuen Generation“ sprach, zu denen auch TTIP gehört, das aktuell zwischen der EU und den USA verhandelt wird.
CETA ist ein gutes Beispiel für die Abkommen „der neuen Generation“. Bei den Verhandlungen geht es nicht nur um den Abbau von Zöllen zwischen Staaten, die liegen sowieso nur zwischen 2,2 -3,5 Prozent. Es geht zum Beispiel um Patentschutz bei Medikamenten, die Vergaberegeln öffentlicher Verwaltungen, um Arbeitnehmerrechte und Verbraucherschutz. Dafür wollen die multinationalen Wirtschaftsvertreter künftig der Politik die Regeln diktieren, und das soll schwarz auf weiß im Vertragstext festgeschrieben werden.
Das ist der wirklich skandalöse Vorgang, nämlich der Versuch, für den Schutz der Investoren durch besondere Investor-Staat-Schiedsgerichte das Optimum herauszuholen und über eine so genannte regulatorische Kooperation sogar die Gesetzgebung zu beeinflussen. Investorenschutzklauseln sollen sichern, dass Unternehmen innerhalb der Freihandelszone nicht stärker in ihrer Handels- und Investitionsfreiheit eingeschränkt werden, als in ihren Heimatländern. Wenn z. B. neue Standards technische Anpassungen notwendig machen und damit Gewinne reduzieren, sollen den Unternehmen Schadensersatzansprüche gegenüber den Staaten entstehen. Und nicht die staatliche Gerichtsbarkeit des jeweiligen Landes, sondern ein privates Schiedsgericht soll darüber entscheiden – Einspruch nicht möglich. Auf Staaten mit hohen Standards wie Deutschland würden drastische Strafzahlungen zukommen, wenn sie ihr Niveau aufrechterhalten wollen. Somit würden sich die Regeln zum Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz über die regulatorische Kooperation in kurzer Zeit auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduzieren.
Die Zeche für diesen Investorenschutz bezahlen in jedem Fall die Gesellschaft, die Natur und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Und damit das auch klappt wird über die Verhandlungen eine Decke des Schweigens und der Beschwichtigungen gelegt. Selbst Abgeordnete kommen nur sehr schwer oder gar nicht an Informationen. Scott Sinclair vom „Kanadischen Zentrum für Politische Alternativen“ leitet ein Forschungsprojekt zu den Auswirkungen von Freihandelsabkommen auf Politik und Gesellschaft und bestätigte sehr eindrucksvoll die Gefahren. So hat Kanada bereits 170 Millionen Euro aufgrund solcher Schiedsverfahren jenseits des Rechtsstaates an Investoren zahlen müssen.
DIE LINKE fordert eine sofortige und umfassende Offenlegung der Verhandlungen und die Einbeziehung der nationalen Parlamente. Eine breite öffentliche Diskussion muss zum wirksamen Gegengewicht gegen den Ausverkauf hinter verschlossenen Türen werden!