Klimakonferenz in Paris: Tornados, Tränengas und Treter

logo ebs cop parisEs ist Sonntag, Tag Eins vor Beginn der UN-Klimaverhandlungen. Auf der Reise von Bayern nach Berlin, zur Klimademo »Global Climate March«. In der deutschen Hauptstadt wird der Bundestag diese Woche auch den Einsatz der Bundeswehr in Syrien beschließen. An der Seite von Frankreich will die Große Koalition in den Krieg ziehen.

Der Traum von französischen Verhältnissen war so schön: In den Tagungshallen vom Flughafen Le Bourget verhandeln die Staatenvertreter den ersten Weltklimavertrag, der für alle Länder der Erde einen (langfristigen) Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Gas einleitet. Und für die Länder des Südens endlich Klimagerechtigkeit walten lässt. Draußen, auf den Straßen von Paris, treiben Klimabewegte, starke Gewerkschaften, bunte Proteste und direkte Aktionen die Regierungen am Verhandlungstisch vor sich her. Um endlich Bewegung in die seit Jahren blockierte Klimadiplomatie zu bekommen. Und um ein Zeichen zu setzen, dass der Kampf für eine bessere Welt nicht noch mehr Bundeswehr-Tornados, Wirbelstürme und Gletscherschmelze braucht, sondern Frieden, Kooperation und offene Grenzen.

 

Klimawandel verschärft Syrien-Krise

Die Wirklichkeit sind Pariser Verhältnisse. Nach der islamistischen Terrornacht vom 13. November hat der Elysée Palast alle Schotten dicht gemacht. Demonstrationen sind verboten. Klimaaktivisten für die zwei Verhandlungswochen, während der größten Zusammenkunft von Staats- und Regierungschefs seit Ende des Zweiten Weltkrieges, unter polizeilichen Hausarrest gestellt. Wer, wie heute, doch auf die Straße geht, bekommt Schlagstock, Tränengas und Gefängnis zu spüren. Die Bilder aus Paris stimmen traurig: Eine Armada von Polizei und Militär hat die »Hauptstadt der Liebe« zu einer kalten Festung gemacht. Der Ausnahmezustand wurde zum Alltag erklärt. Bis zu drei Monate regieren Angst, Kontrollen und Einschränkung der BürgerInnenrechte. Wenige Flugstunden von Le Bourget entfernt bombardiert Frankreich, wie schon so oft in seiner langen Kolonialgeschichte, fremde Nationen. Diesmal trifft es das ehemalige französische Mandatsgebiet Syrien. Auch hier soll der Klimawandel zur Eskalation schon schwelender Konflikte beigetragen haben, schreiben Experten.

Global Climate March in Berlin

Im wintergrauen Berlin ist die Klimademo ein kleiner Erfolg. Der »Global Climate March« hat tausende Klimaretter auf die Straßen gebracht. Bewaffnete Polizei beschützt den Berliner Sitz von Vattenfall. Das Energieunternehmen aus Schweden setzt in der Brandenburger Lausitz weiter auf Kohle. Zwar hat Stockholm den Kohleausstieg beschlossen und verkauft sein schmutziges Geschäft im Ausland. Aber der Käufer wird weiter abbaggern, CO2 und Quecksilber in die Luft pusten und die Spree mit Bergbaudreck verschmutzen. Soviel ist klar: Den Protest der Anti-Kohlebewegung, mich eingeschlossen, wird der neue Betreiber wohl oder übel mitkaufen müssen. Immer wieder werde ich auf die unschöne Rolle meiner Partei in der Brandenburger Landesregierung angesprochen. Gerade hier beim Klimamarsch kommt das gebrochene Wahlversprechen, keine Dörfer für neue Kohle abzubaggern, nicht gut an. Klar, dass ich als ökologische Linke gegen diese schmutzigste Energiegewinnung überhaupt bin.

Stiller Protest in Paris

Am Abend sehe ich die Bilder vom stillen Protest in Paris. Lange Reihen von Schuhen stehen am Place de La République. Sogar Papst Franziskus, der für seine Kapitalismuskritik schon als Linker im Vatikan verschrien ist, hat seine Treter an diesen historischen Ort stellen lassen. Die leeren Schuhe sind ein starkes Symbol für die abgesagten Demonstrationen, ein Zeichen gegen Angst und Terror. Es ist auch ein Protest gegen die Mächtigen. In den Palästen, und in den Firmenzentralen. Nur zwölf Energieunternehmen sind für 20 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. In Deutschland investieren die Commerzbank, Deutsche Bank und Kreditanstalt für Wiederaufbau, ungeachtet der voranschreitenden Erderwärmung, weiter fleißig in Fossile.

Union warnt vor "Windradfriedhof in Deutschland"

Konservativen RegierungspolitikerInnen fällt zu einer Welt mit immer mehr Konflikten und Krisen nur neue Panikmache ein. Peter Ramsauer von der CSU, mit dem ich im Wirtschaftsausschuss sitze, lässt erahnen, dass die Kohlelobby noch lange nicht aufgibt. Im Focus warnt der Bayer vor »grüner Ideologie« und »exzessiven Milliarden-Kosten« durch Klimaschutz. CDU-Vize Arnold Vaatz legt sogar noch nach und warnt vor einer Art Klimaterrorismus. Eine Energiewende sei ein »tödlicher Irrweg«, bei dem »die Bürger ihren guten Lebensstandard für einen künftigen Windradfriedhof in Deutschland opfern« würden.

Der Klimawandel wird alle Gesellschaften verändern, auch die deutsche. Die Mauern in den Köpfen der Mächtigen, sie werden wieder höher. Die Zeichen für einen wirklich starken Klimavertrag, sie stehen nicht gut.

Den Klimablog im "Neuen Deutschland" lesen Sie hier.

 

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Klimakonferenz in Paris: Kampf um Klammern