Energiewende – wie viele Netze brauchen wir?
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- 20 Januar 2012
Mit dem Atom-Ausstieg verbindet sich die Chance eines grundlegenden Umdenkens im Umgang mit Energie. Das betrifft sowohl die Energieerzeugung als auch den Verbrauch. Damit ist nicht gemeint, dass ab 22.00 Uhr der Strom abgeschaltet werden soll. Nein, es geht um energiesparende Technologien und auch um den bewusst sparsamen Umgang mit Strom.
Nach Einschätzung einer Reihe von Experten ist kein Versorgungsengpass zu erwarten. Es sei denn – und das ist meine ganz persönliche Meinung – die Energiewirtschaft führt Versorgungsengpässe selber herbei, um eigene Forderungen an die Politik durchzusetzen. Das wäre ja auch nicht so neu. Und auf diese Idee könnte man durchaus kommen, wenn man sich die Forderungen zum Ausbau der Energienetze ansieht. Da steht der Ruf nach zusätzlichen 3.400 neuen Netzkilometern der Aussage gegenüber, dass nur 500 zusätzliche Netzkilometer benötigt werden. Bei solch einer großen Differenz könnte man auch auf die Idee kommen, dass die 500 zusätzlichen Netzkilometer vom Naturschutz berechnet wurden. Aber nein, die Angaben stammen aus einem Gutachten, dass vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben wurde! Über diese durchaus spektakulären Ergebnisse wurde dann vorerst nicht weiter gesprochen, sie passen wohl auch nicht ins Lobbykonzept.
Mit der Forderung nach zusätzlichen 3.400 km Energieübertragungsnetzen wollen die Konzerne offensichtlich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Das Stromleitungsnetz würde ganz im Sinne der wirtschaftlich optimalen Auslastung der vier großen Energieunternehmen ausgebaut. Damit wären ihre heute schon veralteten Strukturen und ihr Monopolanspruch auf Jahre hinaus festgenagelt. Auch mit Stromnetzen lässt sich viel Geld verdienen. Die staatlichen Anreize für Investitionen in den Netzausbau bringen den Unternehmen eine Eigenkapitalrendite 9,29% in die Kassen.
Der Umstieg auf eine Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien ist für uns alle eine immense Herausforderung und nicht ohne Veränderungen für Mensch, Umwelt und Natur zu erreichen. Es geht um eine neue Strategie, die neue Denk- und Herangehensweisen zu ihrer Umsetzung braucht. Die bekannten, eingetretenen Pfade müssen verlassen werden, und dazu wird das gesamte Energiewirtschaftssystem auf dem Prüfstand stehen. Für kurze Zeit haben wir jetzt die Möglichkeit, neue Antworten auf schon gestellte Fragen einzufordern. Wie viel Energie braucht man wann und wo? Wie kann Zentralität und Dezentralität verknüpft werden? Fragen nach Bündelung von Netzen in vorhandenen Trassen (z.B. die der Deutschen Bahn) und nach den besten Netztechnologien stellen sich neu.
Das heißt auch für Brandenburg, dass Planungen überprüft werden müssen. Beispielsweise stellt sich für die Höchstspannungs-„Uckermarkleitung“ von 380 kV die Frage neu, ob die Planung wirklich den neuen Anforderungen der Energiewende entspricht, die auch auf Natur- und Sozialverträglichkeit setzt.